Gaby, ist jemand Christ, dann hält er/sie bestimmte Glaubensaussagen für wahr. Wesentliche Glaubensinhalte sind in solchen Glaubensbekenntnissen festgehalten, die bei dir keine sonderlich hohe Wertigkeit zu haben scheinen. Ich gehe mal davon aus, dass dies bei dir ebenso für die Bibel gilt, du dir also deinen eigenen Patchwork-Glauben zurecht gelegt hast. Ob das "christlich" ist, lasse ich andere beurteilen.
Trotzdem kurz auf den von mir früher angesprochenen Punkt:
Gaby hat geschrieben:Warum sollte ein Christ der sich auf Jesus als Gründer und zentrale Figur des Christentums beruft nicht mehr glaubwürdig sein?
Jesus ist nach meinem Verständnis der (möglicherweise historische) jüdische Wanderprediger und nicht identisch mit Christus, der zentralen Figur des Christentums (das ja nicht umsonst nicht nach ihm benannt wurde). Christus ist der Nachösterliche, der Auferstandene, der paulinische Mythos eines Erlösers von der (paulinischen Erb-)Sünde und Versöhners mit Gott.
Jesus kann daher als Begründer dieses Christentums gestrichen werden, in der paulinischen Lehre, die fortan die Mission prägte (die urchristlichen Gemeinden gingen ja bald ein), war er unwichtig. Paulus hat Jesus nicht nur kaum erwähnt, er wollte auch nichts von ihm wissen: "....auch wenn wir [gemeint sind da diejenigen, die Jesus kannten] Christus gekannt haben nach dem Fleisch, so kennen wir ihn doch jetzt so nicht mehr" und hielt es nicht für nötig (resp. konnte es wohl nicht), seiner vorwiegend unter Heiden und Dispora-Juden missionierten Gefolgschaft Jesu Botschaft näher zu bringen: "Nein, ich hatte mir vorgenommen, eure Aufmerksamkeit einzig und allein auf Jesus Christus zu lenken – auf Jesus Christus, den Gekreuzigten". Nur diesen Gekreuzigten und Auferstandenen konnte Paulus zum Gott erheben, etwas, was der Jesus nach synoptischer Zeichnung trotz angeblicher Jungfrauengeburt zeitlebens nie in Anspruch nahm.
Im Unterschied zu Jesus stellte Paulus daher auch nicht den himmlischen Vater des Jesu, sondern den Gekreuzigten und Auferstandenen ins Zentrum seiner Verkündigung, und das ist im Christentum bis heute so geblieben. Er verdrehte weitere wesentliche Punkte der Botschaft des vorösterlichen Jesus, wie er mehrheitlich in den drei Synoptikern dargestellt wird, ins Gegenteil.
So betonte Jesus noch nach gut jüdischer Art die Gesetzestreue: "Bis Himmel und Erde vergehen, wird auch nicht der kleinste Buchstabe des Gesetzes vergehen, bevor nicht alles geschehen ist. Wer auch nur eines von den kleinsten Geboten aufhebt und die Menschen entsprechend lehrt, der wird im Himmelreich der Kleinste sein." Paulus dagegen bezeichnete das Gesetz als Fluch und Dreck und verkündete statt der erforderlichen Einhaltung des Gesetzes und guter Taten allein Gerechtigkeit aus dem Glauben an das blutige Opfer Jesus ...
Es gibt genügend theologische Literatur, die die Unterschiede des paulinischen Christentums zur Lehre des Jesus ausführlich beleuchten, so dass ich auf weitere Ausführungen verzichte. Alles in allem kann gesagt werden: Wer einem Christentum anhängt, in dem ein Gottessohn (vielleicht gar noch als Teil einer dreieinigen Gottheit), ein Gekreuzigter und dann Auferstandener als Versöhner zwischen Gott und den Menschen eine zentrale Rolle spielt und gleichzeitig auch noch den Juden Jesus als Begründer dieses Glaubens propagiert, der ist für mich definitiv unglaubwürdig - und sei es nur, weil er/sie sich nicht die Mühe macht, dermassen Geglaubtes anhand der vorliegenden Grundlagen (Bibel) zu überprüfen. Glaube ist nicht die Suche nach Wissen und Wahrheit, sondern das Schaffen und Pflegen von Illusionen.
Paulus, das muss man ihm lassen, der war wenigstens konsequent und hat, wie obige Zitate zeigen, die Bezugnahme auf Jesus weitestgehend unterlassen, und sei es nur, um seiner Kunstfigur Christus an Glaubensinhalten unterzuschieben, was immer er wollte.
Apropos Glaubwürdigkeit: Erinnert sei hier so am Rande noch, dass Paulus als historische Figur so fragwürdig ist wie Jesus.
Und noch ein Zweites zur Glaubwürdigkeit: Dass der biblisch geschilderte Jesus (und von einem anderen wissen wir nicht!) mit seiner martialischen Höllenlehre, seinen Verfluchungen und Androhungen unmenschlicher und ewiger Bestrafungen schon für geringe "Vergehen" und der gleichzeitigen Forderung nach Nächstenliebe und Vergebung sich selbst völlig widersprach, sei hier auch nur am Rande erwähnt. Der "liebe Gott" findet sich auch im NT definitiv nicht, auf jeden Fall nicht ohne grosse Einschränkungen!
Gaby hat geschrieben:transzendenten Realität
Autsch ... meinst du das tatsächlich im Ernst so?????