Ja, warum zelebriert der Mensch Gedenktage? Ich denke, zum einen aus Anlass eines erfreulichen Ereignisses, z.B. ein Kriegsende oder eine Wiedervereinigung zweier zusammengehöriger Staaten, die 40 Jahre zwangsweise getrennt waren, oder die Reformationsbewegung innerhalb einer alles dominierenden Kirche, die eine geistliche Befreiung der Menschen beinhaltete und zum anderen finden Gedenktage aus Gründen der Mahnung statt, auf dass nicht vergessen werden soll, was in der Vergangenheit Schlimmes geschehen ist, z.B. der Totensonntag, wo der Gefallenen der Kriege gedacht wird oder der 17. Juni, wo der willkürlichen Staatsgewalt mahnend gedacht wird, die vielen Menschen das Leben gekostet hat.Cemper hat geschrieben: ... dann verstünde ich diesen Thread und die Aufregung auch nicht. Bischoff hat in seiner Funktion als Leiter der NAK in den Jahren 1930 bis 1960 entscheidend diese Kirche geprägt.
...Wer möchte in solchen Zeitläuften Leiter einer religiösen Sondergemeinschaft mit chiliastischer Ausrichtung sein?
Warum sollte der gegenwärtige Kirchenleiter - also Dr. Leber - keinen Gedenkgottesdienst halten? Mir ist allein diese Frage unverständlich. Ich halte es sogar für einen Akt der Höflichkeit und der Ehrlichkeit gegenüber der eigenen Geschichte...
Ich frage mich deshalb, zu welcher Art Gedenktag soll derjenige am 3.10.2010 gehören? Sicher, Stap Bischoff war 30 Jahre ein prägender "Führer" der NAK und in gewisser Hinsicht wohl auch eine Ersatzfigur des "Führers" (für den übrigens auch keine Gedenktage veranstaltet werden - warum wohl nicht?). Bischoff wurde auch "Vater" genannt, obwohl Jesus gelehrt hat: Niemand lasse sich Vater nennen. Das Volk der NAK-Christen brauchte wohl noch eine solche Führerfigur, das bedeutete Sicherheit usw.
Entscheidend bei der Beurteilung einer Figur der Geschichte ist letzten Endes immer das Ende. Hat derjenige ehrlich, uneigennützig, zum Wohl aller und weise seiner Sache gedient? Ich komme noch einmal auf die Anti-Gedenk-Figur schlechthin: Hitler. Auch er hat während seiner Amtszeit einiges Gutes für das Volk getan und dennoch hat er durch seine egoistische und machthungrige Politik und die Greueltaten an seiner Vorstellung nach minderwertigen Menschen unterm Strich keine Lorbeeren verdient, es gibt keine Gedenktage, die an seine guten Taten erinnern, höchstens solche, die der Mahnung dienen.
Betrachtet man das Wirken Bischoffs - und ich denke, er hat trotz der schwierigen Zeiten sehr gern diese Rolle übernommen, schon allein der Ehre und Anerkennung wegen - so kann man bestimmt einiges aufzählen, was er in den Jahren seiner Amtszeit Gutes an den Schäfchen getan hat, die Sicherheit, die starke Persönlichkeit, an der man sich in Krisenzeiten orientieren konnte usw., aber was ist wirklich unterm Strich geblieben? Der Kreis der Apostel war furchtbar zerstritten, es gab undurchsichtige Machenschaften um die Eigentumsverhältnisse des Verlages, der schließlich aus Opfergeldern der Gläubigen entstanden ist und am Ende sein Eigentum war, er wollte seine Machtposition nicht aufgeben und erfand dann nach und nach diese "göttliche" Botschaft, die die NAK bis heute erschüttert, obwohl wiederum überlieferte Jesulehre besagt: Zeit und Stunde weiß niemand.
Und wenn Sie schreiben von einem Akt der Höflichkeit und Ehrlichkeit gegenüber der eigenen Geschichte, dann frage ich zurück: Wo ist bis heute dieser Akt der Höflichkeit und Ehrlichkeit gegenüber der Geschichte in Bezug auf die Aufarbeitung der gescheiterten Botschaft und die ausgebliebene Entschuldigung gegenüber den Exkommunizierten geblieben?
Warum also sollte der gegenwärtige Kirchenleiter keinen Gedenkgottesdienst abhalten? Ganz einfach, weil er es noch immer nicht geschafft hat, das Botschaftsdilemma aufzuarbeiten. Erst dann, so meine ich, wäre eine Gedenkfeier gerechtfertigt!!
Sodele.