NAK Köln: De Kölsche Büttenpredigt von Apostel Otten

Alles rund um die Sondergemeinschaft Neuapostolische Kirche (NAK), die trotz bedenklicher Sonderlehren (u.a. Versiegelung, Entschlafenenwesen mit Totenmission, Totentaufe, Totenversiegelung und Totenabendmahl, Heilsnotwenigkeit der NAK-Apostel, Erstlingsschaft, ..), weiterhin "einem im Kern doch ... exklusiven Selbstverständnis", fehlendem Geschichtsbewusstsein und Aufarbeitungswillen, speziell für die Zeit des Dritten Reiches, der DDR, der Bischoffs-Botschaft ("... Ich bin der Letzte, nach mir kommt keiner mehr. ..."), sowie ihrer jüngsten Vergangenheit und unter erheblichem Unmut ehemalicher NAK-Mitglieder, auch Aussteiger genannt, die unter den missbräuchlichen Strukturen und des auf allen Ebenen ausgeprägten Laienamtes der NAK gelitten haben, weiterhin leiden und für die die NAK nach wie vor eine Sekte darstellt, im April 2019 als Gastmitglied in die ACK Deutschland aufgenommen wird.
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Cemper

#31 Beitrag von Cemper » 17.02.2010, 22:03

agape hat geschrieben:Und jetzt folgt wieder der Versuch eine unaufgeklärte Jugend heranzuzüchten, ganz bezeichnend und ebenso paradox ist dieser Satz:

Wir wollen uns unsere Lebensplanung nicht aus der Hand nehmen lassen, sondern die Entscheidungen selbst im Sinne unseres Glaubens treffen.

Das merkt gar keiner mehr.
Aber was sag ich?
Für wen?)
Loreley 61 hat geschrieben:Genau agape - der von dir zitierte Satz ist einfach paradox. Einerseits soll man sich nichts aus der Hand nehmen lassen, andererseits aber bitte schön - nur neuap. Entscheidungen treffen. Wo ist da Freiheit?
Kann mir jemand erläutern, was an diesem - dem beanstandeten - Satz paradox ist? Ich kann mir mühelos vorstellen, diesen Satz in der Predigt in einer kath. oder einer ev. Kirche zu hören. Ich meine, dass ich einen Satz dieser Art vor zwei Jahren - ich war in Münster in einem kath. Gottesdienst (Dom) - gehört habe. Die Predigt war - deshalb habe ich noch Erinnerungen - sehr politisch und sehr an katholischer Moraltheologie orientiert.

Also - was ist daran paradox? Es ist doch christlich, in sich schlüssig und normal, dass in einer Predigt gesagt wird, dass der einzelne Mensch für seine Lebensplanung zuständig ist. Es ist auch normal, dass in einer Kirche auf die Glaubensgrundsätze eben dieser Kirche verwiesen wird und diese Glaubensgrundsätze als eine Art Leitlinie für Lebensentscheidungen empfohlen werden. Das ist doch überall so. Dem ev. Christen wird das protestantische Verständnis der "Freiheit des Christenmenschen" empfohlen. Der Katholik wird ... Sie wissen schon. Und der Gläubige in anderen Kirchen wird an seinen Glauben "erinnert".

Die Frage, wo hier die Freiheit bleibt, ist leicht zu beantworten. Jedes Kirchenmitglied hat die Freiheit, einer solchen Aufforderung zu folgen oder nicht zu folgen. Die Entscheidung darüber trifft doch kein Dritter.

Wo und was ist das Problem?

Cemper

agape

#32 Beitrag von agape » 17.02.2010, 22:43

Bon soir,

Sie haben mich zwar nicht persönlich gefragt, aber ich antworte nur ´mal auf den ersten Teil des zitierten Satzes:

"Wir wollen..."

Sehr geehrter Herr Cemper,
raten sie mal, bei welchen Gelegenheiten und wie oft diese Worte zu Beginn eines Satzes fallen : "Wir wollen..."

BEv oder BÄ in der Ämterstunde:

"Liebe Brüder, wir wollen zusehen, dass,
wir wollen uns nicht,
wir wollen aber....,
wir wollen doch dass der liebe Gott,
wir wollen, dass der Apostel....,
wir wollen....."!


Priester, Vorsteher, BEv oder BÄ oder Apostel im Gottesdienst:

"Liebe Geschwister, wir wollen zusehen, dass,
wir wollen uns nicht,
wir wollen aber....,
wir wollen doch, dass der liebe Gott,
wir wollen, dass der StammApostel....,
wir wollen....."!

Priester, Vorsteher, BEv oder BÄ in der Sonntagsschule, im Konfirmandenunterricht:

"Liebe Kinder, wir wollen zusehen, dass,
wir wollen uns nicht,
wir wollen aber....,
wir wollen doch, dass der liebe Gott,
wir wollen, dass der StammApostel....,
wir wollen....."!

Priester, Vorsteher, BEv oder BÄ im Jugendgottesdienst:

" Ihr lieben Jugendlichen, wir wollen zusehen, dass,
wir wollen uns nicht,
wir wollen aber....,
wir wollen doch, dass der liebe Gott,
wir wollen, dass der StammApostel....,
wir wollen....."!

....

....

...

usw.


Irgendwann sagte der Vorsteher mal in der Ämterstunde zum Ältesten:
"Hör mal, H., warum sagst Du immer "wir wollen", das will hier keiner! Sag doch, dass du das so willst, immer deine Suggestionen!"

Das war dann für´s Erste geklärt - für eine sehr kleine Weile. ;)
Man kann sich bei dieser ganzen "Wollerei" echt voll in die Wolle kriegen".

Wie gesagt, Cemper, es fängt beim Stil und der Rhetorik an und hört irgendwo ganz hinten beim Inhalt auf.
Falls Sie Lust haben, hören Sie sich mal Ehrichs Predigt an, der kann das natürlich auch.
Das waren meine schönen Erfahrungen - nur noch mal für Sie aus der Mottenkiste geholt....

Cemper, wir wollen uns hier ... ;)
Zuletzt geändert von agape am 17.02.2010, 22:52, insgesamt 1-mal geändert.

Cemper

#33 Beitrag von Cemper » 17.02.2010, 22:49

Krankenhaus. Abteilung Kardiologie. Der Arzt betritt das Zimmer. "Guten Morgen Herr Cemper. Wie geht's uns heute? Was macht das Herz? Wir wollen doch mal sehen, dass wir ..." Eine Stunde später. Die Krankenschwester: "Guten Tag Herr Cemper. Wir wollen jetzt mal ..." - "Sie wollen schon wieder ..." - "Wie meinen Sie das?" - "So nicht."

Gute Nacht.

C.

agape

#34 Beitrag von agape » 17.02.2010, 22:54

Cemper hat geschrieben: Gute Nacht.
Meine Rede. ;)

Cemper

#35 Beitrag von Cemper » 17.02.2010, 23:01

Meine Schwiegermutter (neuap.) redet auch so. Freilich mit einem Zusatz: "Gute Nacht. Du musst aber auch glauben wollen!"

rfw

#36 Beitrag von rfw » 18.02.2010, 00:13

Cemper hat geschrieben:Krankenhaus. Abteilung Kardiologie. Der Arzt betritt das Zimmer. "Guten Morgen Herr Cemper. Wie geht's uns heute? Was macht das Herz? Wir wollen doch mal sehen, dass wir ..." Eine Stunde später. Die Krankenschwester: "Guten Tag Herr Cemper. Wir wollen jetzt mal ..." - "Sie wollen schon wieder ..." - "Wie meinen Sie das?" - "So nicht."

Gute Nacht.

C.
:roll:

Lieber Herr Cemper, bitte sehen Sie mir nachfolgende kurze und hastig formulierte Einmischung nach:


Die neuapostolische Enkulturation funktioniert im Wesentlichen über Sprache. (Bei der katholischen spielen wohl auch Bilder, Riten und anderes eine große Rolle). Nicht umsonst ist das Selbstbild der NAK als "Wortkirche" charakterisiert, was zugleich Sprache auf "gesprochene Sprache" hin konzentriert. Literatur, Schriftsprache, spielt eine eher untergeordnete Rolle.

Man kann den neuap. Enkulturationsprozess auch als "Prägung" bezeichnen. Dabei werden sprachliche Codes verankert, die für Außenstehende harmlos oder schlimmsten Falls befremdlich erscheinen. Diese Codes werden durch den Prägungsprozess (in langfristiger "Ansprache" durch Predigt und "Seelsorgearbeit") mit bestimmten Inhalten (Fragmenten der Doktrin) aufgeladen (codiert) und mit gewissen seelischen Zuständen, i.d.R. starken Emotionen verknüpft.
Dies bedeutet, dass bestimmte seelische Prozesse über eine erfolgreiche Codierung reproduzierbar abrufbar sind. Das wesentliche Muster dabei ist ein auf Angst (Verlustangst) gegründetes Wohlverhalten allen kirchlichen Anforderungen und insbesondere den kirchlichen "Autoritäten" gegenüber. Als Platzhalter für noch nicht konkret definierte oder aktuell nicht abgerufene Anforderungen wird die Fähigkeit zur Selbstverleugung und zur Unterdrückung primärer Bedürfnisse "antrainiert".

Die Prägung durch die verbal vermittelte Doktrin und ihre emotionale Verankerung wird gestützt durch bestimmte lebensabschnittsbegleitende Kontrollmechanismen. Das inzwischen wohl abgeschwächte aber früher stets präsente Drängen zum aktiven "Bekennen" des Glaubens erfüllt z.B. diesen Zweck. D.h. durch das "Handeln" wird die erfolgte Prägung sozusagen konserviert: Man glaubt, was man tut, während man meint zu tun, was man glaubt....

Wer die guten, alten Zeiten des "Zeugnisbringens von Tür zu Tür" (Mission) selbst erlebt hat, wird wahrscheinlich bestätigen welche starken Emotionen dies auch in der Rückschau noch auslöst... Erst im analysierenden Rückblick wird klar, welche Funktion diese "Initiationsriten" für insbesondere männliche Jugendliche hatten - um Mitgliederwerbung an sich ging es dabei freilich nur bedingt... (und wer das mitmachte war kurze Zeit später auch reif für das erste Amt...).

Nun sieht das Ergebnis dieser Prozesse so aus, dass für ein im Sinne der Kirche gelingendes Glaubensleben nichts weiter erforderlich ist, als die erfolgreiche Codierung durch die zugehörigen Stichworte laufend zu stimulieren. Auch dies ist eine Erklärung für die scheinbar inhaltsleeren Standardpredigten: Diese wollen gar nicht in neue Erkenntnisse führen sondern bieten die Stimulans für die bereits erfolgte Prägung. Es werden lediglich vorgefertigte Seelenzustände abgerufen, um die Prägung aufzufrischen.

Im Prinzip ist das so als gelänge es mir, bei Ihnen, Herr Cemper, die Nennung der Zahl "4711" mit starker Wut zu verknüpfen. Immer wenn ich "4711" rufe, dann flippen Sie aus... Der neutrale Beobachter verstünde überhaupt nicht, wieso Sie so der Teufel ritte... An "4711" ist ja nun auch nichts Schlimmes, oder...?

Bezogen auf die NAK sind Sie, Herr Cemper, der neutrale Beobachter. Die Sprachcodes der NAK bewirken bei Ihnen allenfalls Verwunderung oder leises Staunen. Bei anderen bewirken sie starke Emonotionen. Diese Enkulturation zieht man nicht einfach wieder aus und hängt sie über einen Stuhl wie eine alte Jacke...

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Loreley 61
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#37 Beitrag von Loreley 61 » 18.02.2010, 07:14

Werter Cemper,

die Entscheidung fällt u.U. tatsächlich ein Dritter. Das was rfw beschreibt kennt man auch aus der Hypnose. Dort nennt man es "Trigger setzen". Ständige Wiederholungen von Predigtbestandteilen - immer und immer wieder - tun ihr Übriges. Man ist fremdgesteuert, ohne es groß zu bemerken. Passiert natürlich auch woanders, aber nicht in dieser Intensität. Dazu würde ich ihnen die Ausarbeitung von Detlef Streich empfehlen mit dem Titel: "Sprachliche Mittel zur mentalen Zwangsüberzeugung - eine rhetorische Stilmittelanalyse"
Dargestellt und untersucht am Beispiel einer Predigt des Kirchenpräsidenten der Neuapostolischen Kirche, Herrn Dr. Leber, in Herne vom 28.09.2009 (Kann ich ihnen zukommen lassen, bin aber jetzt erstmal bis zum späten Nachmittag unterwegs)

LG, Lory
Unsere Gedanken und Gefühle werden durch unsere Überzeugungen geformt.
Was du tief in dir und oft unbewusst denkst, das zeigt die größte Wirkung in deinem Leben.
Brauche nichts ... wünsche alles ... und wähle, was sich zeigt!
______
Namaste

agape

#38 Beitrag von agape » 18.02.2010, 07:39

Dienstübernahme

2.5 Parataxische Verdichtung der Zwangsüberzeugungen ;)
Zuletzt geändert von agape am 18.02.2010, 07:44, insgesamt 1-mal geändert.

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#39 Beitrag von Loreley 61 » 18.02.2010, 07:42

Danke agape - da hat unser werter Cemper ja mal was zu lesen. :wink:

Bis denne - Lory
Unsere Gedanken und Gefühle werden durch unsere Überzeugungen geformt.
Was du tief in dir und oft unbewusst denkst, das zeigt die größte Wirkung in deinem Leben.
Brauche nichts ... wünsche alles ... und wähle, was sich zeigt!
______
Namaste

Cemper

#40 Beitrag von Cemper » 18.02.2010, 10:02

@ rfw

Herzlichen Dank für Ihre Erläuterungen. Ich gestehe, dass ich die Frage zu dem kritisierten Satz nicht ganz ohne freundliche Ironie gestellt habe. Die Frage war gleichwohl ernst gemeint.

Die von Ihnen skizzierten Zusammenhänge sind mir - jedenfalls in den groben Linien - halbwegs klar. Das beschriebene Phänomen gibt es in der Neuap. Kirche und - wie Loreley andeutet - auch "woanders". In der NAK ist es aber besonders auffällig. Es ist doch klar, dass kleinere Gemeinschaften ein besonderes "Wir-Gefühl" brauchen und an der Bildung des "gemeinsamen Willens" arbeiten.

Bei genauem Hinsehen stellt sich freilich die Frage, ob die Sprechweisen "Wir wollen ..." in der Neuap. Kirche zu besonderen Bindungsintensitäten führen. Man wird das schnell bejahen, aber ich habe doch einige Zweifel. Starke Bindungen gibt es auch in anderen Kirchen und in vielen Institutionen und Lebensbereichen. Auch dort wird über Sprache Identität gestiftet und ein- wie ausgeschlossen. Gehen Sie mal in eine katholische Messe und sagen Sie ihrem Banknachbarn unvermittelt: "Ich bin übrigens evangelisch." Oder stellen Sie sich mal in einem FDP-Ortsverein als Linker vor. Wenn wir diese Zusammenhänge grundsätzlich betrachten, stoßen wir auf das Problem Kommunikation und Öffentlichkeit; wir erkennen, dass in der Öffentlichkeit vielfach mit dem Mittel der Sprache gearbeitet oder gehandelt wird: Sprache ist dann ein Werkzeug. Mit Sprache wird getröstet und verführt und aufgeklärt - mit dem Werkzeug Sprache wird sozusagen "ins Hirn" gegriffen.

Ihr Hinweis auf den Code ist interessant. In der "modernen Welt" gibt es die Gefahr, dass Menschen über Codes kommunizieren und sich dabei von der Realität lösen. Das kann auf dem Gebiet der Religion passieren - und auch in der Finanzwelt (die globale Finanzkrise ist ja auch durch virtuelle Geldspiele in bizarren Dimensionen ohne Bezüge zur Realwirtschaft entstanden). Dabei sind dann auch durchaus Parallelen zur Religion erkennbar: hier gibt es den Gläubiger und dort den Glauben. Das ist aber alles sehr kompliziert, der französische Soziologe Jean Baudrillard hat das in dem Werk "Der symbolische Tausch und der Tod" (München 1982) dargestellt. Und so weiter und so fort ...

Am Rande noch eine Anmerkung: In der Neuap. Kirche hat nicht nur Sprache eine besondere Bedeutung. Für die Musik gilt das auch. Mir ist in Gottesdiensten und bei Verwandten mit neuap. CD-Sammlungen aufgefallen, dass es ein "neuap. Tempo" gibt. "Nur zu dir steht mein Verlangen ..." oder "Mit dir o Herr verbunden, fühl ich mich nie allein ..." Recht langsam und verinnerlicht. Das sitzt. Da können Sie reden bis übermorgen Abend - dagegen kommt man nicht an. Und: Warum sollte man es auch? Warum sollte den Menschen das genommen werden, was sie beglückt? Selbstverständlich gibt es Grenzen ...


@ agape und Loreley

Auch Ihnen vielen Dank für die Empfehlung. Ich werde den Text lesen. Endlich habe ich mal wieder was zu lesen! Wissen Sie - meine Situation ist manchmal so: Ein Mann hat bei einem Arzt einen Termin. Der Doktor untersucht ihn und rät ihm dann: "Sie sollten jeden Tag eine Stunde an der frischen Luft spazieren gehen." - Und dann fragt er ihn: "Was machen Sie eigentlich beruflich?" - Der Patient: "Ich bin Landbriefträger."

:mrgreen: :)

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