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von Comment » 08.12.2012, 14:54
Mein Kommentar zum Katechismus
Die Theologie der NAK dreht sich im Grunde um eine Kernbotschaft: Gott (!) habe das ehemals in der christlichen Urkirche frei gewordene 'Apostelamt' im Jahre 1832 wieder besetzt (in der Person des englischen Anwalts Cardale) und dieses Amt sei dann einige Jahre später, nämlich 1863, durch Gottes Wille wegen Glaubensirrtümer der englischen Apostel auf die neue apostolischen Kirche, später: Neuapostolische Kirche genannt, übergegangen und sei bis heute dort im göttlichen Alleinauftrag zur Brautsammlung aktiv und auch künftig aktiv, bis der ‚Herr wiederkommt‘.
Dabei geht die NAK davon aus, dass dieses ‚Apostelamt‘ in ihr und zwar nur in ihr als dauerhafte Einrichtung des Gottessohnes wirke. Allein aus diesem Amte kämen alle zum Heil notwendigen göttlichen Gaben und Kräfte, Segnungen und Sakramente in authentischer und in vollkommener Form.
Wenn dem so wäre, hätte die Neuapostolische Kirche in der Tat in ihrem Apostelamt einen einmaligen und kostbaren Besitz aus Gottes Hand; jedermann wäre gut beraten, dem Glaubensbekenntnis der NAK und dem soeben veröffentlichten Katechismus dieser Kirche vollauf zuzustimmen und sich ihr in gewissenhafter und treuer Nachfolge zu den dort tätigen ‚Aposteln des Herrn‘ anzuschließen – wenn er zur Brautgemeinde Jesu zählen und die Heimholung bei der Wiederkunft Christi erleben wollte.
Die Frage, die sich jeder stellen sollte, ist somit: Ist die in der Neuapostolischen Kirche seit eh anzutreffende und jetzt auch schriftlich im Katechismus fixierte Erhöhung eines oder ihres Apostelamts, die alles an kirchlicher Amtsträgerschaft in der Christenheit, ob katholisch, protestantisch oder anders benannt, wie selbstverständlich als defizitär, also als unzureichend und nicht im vollen Willen Gottes handelnd abwertet, biblisch und damit vom Evangelium Gottes her begründbar.
Die Frage lässt sich nicht bejahen. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die Menschen, die seit der Erweckungsbewegung das ‚Apostelamt‘ als bedeutungsvoll für das Heil der Menschen herausstellen, ganz unumwunden speziell dem Wort ‚Apostel‘ einen Wert an sich beimessen, als berge allein schon dieser (aus dem Griechischem stammende !) Begriff eine göttliche Dimension in sich, sozusagen durch Jesus beigegeben. Das macht sich auch im Umgang mit den Apostolischen deutlich bemerkbar, wenn sie ihren andersgläubigen Gesprächspartnern zu verstehen geben, dass bei ihnen Amtsträger als ‚Apostel‘ dienten, die man z.B. bei den großen christlichen Kirchen in diesem Amte gar nicht kenne.
Eine solche Wertung der biblischen Bezeichnung ‚Apostel‘ für Christus-Gesandte, die, wie dargelegt, bei den Apostolischen anzutreffen ist, lässt sich freilich aus den Evangelien nicht ableiten; Matthäus, Markus, Lukas und Johannes verwenden den Begriff eher marginal und schon gar nicht durchgehend. Zudem, und das erscheint doch in diesem Zusammenhang wichtig, findet sich bei ihnen kein einziger Hinweis darauf, dass Jesus Christus etwa gelehrt hätte, sein Evangelium solle in aller Zukunft nur durch Männer , welche ‚Apostel‘ genannt seien, unter die Menschen gebracht werden. Das Gleiche gilt ebenso für die Apostelbriefe der Bibel. Das entspricht im Übrigen genau der Jesu-Lehre, die nicht von Äußerlichkeiten bestimmt ist, sondern einzig auf die Vermittlung der zum Heil erforderlichen Gaben, also auf ihre einzigartigen Inhalte, abstellt.
Wenn die NAK gleichwohl auf der Verwendung des Amtstitels ‚Apostel‘ für ihre Führungskräfte beharrt, dann mag ihr diese Äußerlichkeit prima face ein besonderes, von der Bibel abgeleitetes Profil geben, doch beim näheren Hinsehen wird dem objektiven Betrachter deutlich, dass durch diese aus der Anfangszeit der Erweckungsbewegung herrührende Formalie die von ihr auch im jetzt vorliegenden Katechismus behauptete einzigartige Sonderstellung in der christlichen Kirche selbstverständlich nicht begründet werden kann.
Es ist hier aber nicht nur im Zusammenhang mit der NAK, nein, auch darüber hinaus, bei der Betrachtung der christlichen Kirchen generell unbedingt notwendig, die Blicke von Äußerlichkeiten, die sich mehr oder weniger in allen Gemeinschaften in unterschiedlicher Weise ausgeformt haben, abzuwenden; sie mögen für die jeweilige innere Organisation, z.B. die Titel für die Abgrenzung der internen Zuständigkeiten, von Bedeutung sein, die Frage aber, ob die Inhalte der Lehren stimmig sind, lässt sich nicht danach beantworten, welche kirchlichen Amtsbezeichnungen in den einzelnen Gemeinschaften Verwendung finden. Massgeblich aus Christensicht kann nur sein, dass die christ-kirchlichen Lehren auf dem Evangelium von Jesus Christus aufgebaut sind, wobei freilich lehrmässige Unterschiede angesichts der vorhandenen Interpretationsmöglichkeiten, die die Bibel bietet, denkbar und tolerierbar sein dürften.
In diesem Sinne sei all den Millionen Christen um die Neuapostolischen herum gesagt: Der Katechismus der NAK kann euch weder die Gesandtschaft eurer Amtsträger, noch die Wirkung der bei euch hörbar werdenden Gottesworte und der bei euch stattfindenden Heilstaten aus Jesu Vollmacht (Taufen, Spendung des heiligen Geistes, Sündenvergebung, Abendmahle) fraglich machen.
Com.