Herr Cemper von Campus,
ich danke für ihre letzte Einlassung zum Thema, es ist sehr interessant für mich zu lesen, wie Ihre Außensicht ist. Und auch wenn Herr Maximus Diplomatikus heute in seiner Gnatzionalhymne andeutete, dass er das Überhandnehmen von NAK-Themen nicht schätzt, so will ich dennoch auf einige Ihrer Punkte eingehen, weil es gerade diese Themen sind, die mich interessieren und weil ich es einfach schön finde, dass es eine Plattform gibt, wo ich über die Religionsgemeinschaft, die mich ganz entscheidend geprägt hat und in der Kritik ein absolutes Tabu war – und immer noch ist – Kritik und Empfindungen frei
von der Leber weg artikulieren kann.
Ich werde versuchen, so kurz wie möglich auf einige Punkte einzugehen.
Zitat: "Zu Ihrem nächsten Punkt - Gedenkgottesdienst Krebs - kann ich nichts sagen. Ich sehe auch nicht, was Krebs mit der Bischoff-Botschaft zu tun hat."
Das Herbeizerren des Krebs-Gedenkgottesdienstes war nur dazu gedacht, deutlich zu machen, dass es in Gedenkgottesdiensten von Ex-Kirchenleitern (Bischoff ist ebenso wie Krebs ein Ex-Stammapostel) mit Sicherheit keine Erklärungen oder Gesten der Entschuldigung irgendwelcher Fehler der Vergangenheit geben wird, war nur als vergleichbare Veranstaltung angeführt und verlinkt.
Zitat: "Herr Dr. Leber kann nicht mehr sagen, weil der Botschafts-Sachverhalt nicht geklärt werden kann. …Es kann nur „spekuliert“ werden. Dabei muss es jedem überlassen bleiben, ob er diese Geschichte so oder so sieht."
Natürlich kann der Sachverhalt nicht bis ins Letzte geklärt werden, das ist richtig. Nur, wie auch Cerebron anmerkte, die Umstände sprechen eine eigene Sprache und dürfen nicht einfach ignoriert werden. Es ist doch so und sicher ist es Ihnen auch schon in bestimmten Situationen so ergangen, dass, wenn etwas Unangenehmes passiert ist, dessen Ursache oder genauer Hergang manchmal nicht mehr genau geklärt werden kann. Die Umstände drumherum sprechen aber eine klare Sprache, Sie wissen einfach, wie es so gekommen ist, obwohl es sich nicht beweisen lässt. Der gesunde Menschenverstand und die Erfahrung Ihres langen Lebens sagen Ihnen, dass es nur so oder so gewesen sein kann, da muss man nicht die Psycho-Logik studiert haben, man weiß es einfach.
Zitat: "Ich kann Ihnen nicht folgen, weil mir Ihr Gottesbegriff oder Ihr Verständnis von Gott unklar ist. Sie haben - so vermute ich - einen neuap. Gottesbegriff. In einen solchen Gottesbegriff passt das Botschaftsproblem „nicht rein“.
Ich denke und glaube eher in Dimensionen, die mit Formulierungen dieser Art beschrieben werden können: Einen Gott, den es gibt, gibt es nicht. Gott ist ein Synonym für Gott."
Vielleicht habe ich einen "neuap. Gottesbegriff", es ist jedenfalls das Gottesbild der Bibel. Dieser Gott hatte sich im AT immer Proheten erwählt, die seine "Botschaften" unter das Volk gebracht haben und damals war es ganz klar so, dass der Prophet, dessen Weissagung sich nicht erfüllte, nicht von Gott beauftragt war und deswegen schrieb ich "also", weil ich diese Meßlatte auf die Bischoff-Botschaft übertrug.
Dieser Gottesbegriff mag in Ihren Augen naiv erscheinen, was ich verstehe und dennoch möchte ich ihn nicht gegen den Ihrigen eintauschen. Einen Gott, den es nicht gibt, weil es ihn gibt, da er nur ein Synonym für Gott ist – damit kann ich wenig anfangen, diese Vorstellung hülfe mir persönlich in meinem Dasein nicht weiter, wäre mir keine Quelle für Trost, Kraft, Zuversicht usw.
Zitat: "Ich frage mich, wieso Menschen im 20. Jahrhundert das glauben, was in der Neuap. Kirche gelehrt wurde und wird. Dabei interessieren mich besonders Menschen mit einer „guten Ausbildung“. Ich möchte wissen, warum - wie ich schon gelegentlich geschrieben habe - der neuap. Mathematikprofessor A, der neuap. Medizinprofessor B, der neuap. Rechtsprofessor C, der neuapostolische Ökonomieprofessor D, der neuap. Rechtsanwalt E, der neuap. Arzt F. usw. „neuapostolisch glauben“."
Ehrlich gesagt, das habe ich mich auch schon oft gefragt, wobei aber für mich nicht der Umstand der "guten Ausbildung" ausschlaggebend ist, sondern eher die Art der Ausbildung. Ein Ingenieurs-, oder Mathematikstudium ist bestimmt nicht beförderlich bei der Auseinandersetzung mit geistlichen Themen, da ist der Mediziner oder auch Lehrer eher prädestiniert und bereit, übergreifende Sinnzusammenhänge zu sehen oder überhaupt zuzulassen – wie man auch bei den leitenden Ämtern unseres Bezirkes erkennen kann. Oder andersherum ausgedrückt: Der Ingenieur oder Mathematiker hat es leichter, sich in das neuapostolische, enge Glaubenskostüm zu zwängen, weil er nicht hinterfragt, sondern geneigt ist das ganze System wie eine große mathematische Gleichung zu betrachten, zwar mit einigen Unbekannten, aber das Problem lässt sich leicht lösen, das hat man ja studiert.
Zitat: "Ein letzter Punkt: Sie sagen, dass ich "das Ganze" nur von außen betrachte, dass mir dieses und jenes fehlen würde und dass ich deshalb nicht verstünde, warum ...
Das ist einerseits richtig. Andererseits braucht man aber nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen…
Sehen Sie die Zusammenhänge, über die wir hier reden, doch einmal nicht durch die Brille der Alltagslogik und auch nicht durch die Brille der Theo-Logik, sondern durch die Brille der Psycho-Logik. Es wird dann klar, dass leitende Herren in einer religiösen Sondergemeinschaft ohne theologische und seriöse bibelkundliche Kenntnisse einerseits und mit großen religiösen Bedürfnissen andererseits in Problemlagen kommen und gläubige Menschen in den Sondergemeinschaften in Problemlagen bringen.…"
Auch wenn Sie eine blühende Phantasie haben mögen, ist es doch so, dass Sie die inneren Strukturen dieser Sondergemeinschaft nicht wirklich verstehen können. Dass Problemlagen entstehen, weil die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit die religiösen Bedürfnisse der Mitglider nicht befriedigen, haben Sie gut erkannt.
Es ist einfach so und das ist Ihnen wohl hinlänglich bekannt, dass innerkirchlich vielfältige ungeschriebene Gesetze herrschen, vergleichbar mit denen eines Clans (mir fällt im Moment nur die Mafia ein, wobei mir bewusst ist, dass der Vergleich nicht statthaft ist): Es wird ein bestimmtes Verhalten erwartet, wenn man davon abweicht, ist man schon "nicht ganz koscher".
Dann war es immer so, dass eigentlich jede "normale" Familie einen Amtsträger stellte, wobei die Höhe des Amtes den Stellenwert anzeigte, schlichte Gemüter hatten eher den Posten des Unterdiakon/Diakon inne und wer einigermaßen gerade Sätze formulieren konnte, durfte als Priester Gd durchführen. Es war natürlich ein Zeichen besonderer Intelligenz und Gottesfurcht, bekleidete man die nächst höheren Ämter, kurz, man wusste immer, wo man stand. Man hatte immer die Option, noch höher aufzusteigen und so funktionierte alles wie geschmiert,
deswegen war und ist man immer noch bereit "so neuapostolisch" zu glauben, obwohl immer mehr auch Auflösungstendenzen erkennbar sind.
Und die Kontrolle dabei funktioniert nach wie vor gut, auf den innerkirchlichen Informationsfluss über diejenigen, die nicht so mitmachen, ist immer noch Verlass. Man weiß "oben" immer genauestens Bescheid. Es ist ein überaus gut organisiertes, dicht vernetztes System.
Auch in den Predigten schwingen zwischen den gesprochenen Sätzen noch so viele Informationen mit, die der Außenstehende gar nicht vernimmt.
Und natürlich hat man auch so seine Methoden, diejenigen abzustrafen, die sich nicht so recht einfügen wollen in das System oder gar aufmüpfige Äußerungen wagen, man lässt sie z.B. einfach im Beförderungsstau stecken, das ist glaube ich, für viele die schlimmste Strafe.
Ganz oben in der KL und jeden Sonntag auf dem Altar stehen diejenigen, die den Willen Gottes
kennen und aussprechen "dürfen". Daran darf man nicht zweifeln und auch Kritik ist – wie schon oben erwähnt – nach wie vor ein Tabuthema. Shalom hat es gerade wieder verlinkt, wie darüber auf höchster Ebene gedacht wird, kürzlich geäußert in Konstanz. Zweifel und Kritik muss im Keim ausgerottet werden und
deshalb wird mit allen Tricks verhindert, dass zu dem Botschaftsthema Aufklärungsarbeit geleistet wird, weil das zwangsläufig Kritik beinhalten würde an einem der obersten ehem. Amtsträger – und das darf nicht sein. Das derzeitige Verhaltensmuster der KL, das Sie als "geschickt und korrekt" beurteilen, mag so gelten für die Politik größerer Firmen und Verbände, aber für die "Apostel Jesu" sollte ein anderer Selbstanspruch gelten.
Wenn von diesem herrschenden Anspruch, die "einzigen Verkünder und Wahrer des göttlichen Willens" zu sein, endlich Abstand genommen würde, man zu einer neuen Bescheidenheit fände, könnte meiner Meinung nach ein Großteil der Problemlagen beseitigt werden.
Diese Kommentiereung ist natürlich auch unvollständig und sicherlich mit manchen Fehlern behaftet, seien Sie also auch nachsichtig mit mir.
Evah
So, Maxi, ich weiß, es ist wieder mehr geworden, als ich eigentlich wollte, eins hat das andere ergeben und wenn du jetzt wieder laut rufst: "Das Maß ist voll", dann trink es einfach aus, es wird dich entspannen. Mich entspannt dagegen, dass ich hier schreiben kann, was mich bewegt und wenn es auch immer wieder dasselbe sein sollte, ich stehe dazu!!
Liebe Grüße aus der Gnatzelle

[i][size=75]"... Ich bin einerseits sehr froh, dass ich diesen Gedanken aussprechen kann, auf der anderen Seite fällt es mir auch nicht schwer..."
(Bap Klingler - Neujahrsgd 2009)[/size][/i]