Adler hat geschrieben:Er hat verantwortungslos Opfergelder veruntreut, das ist Fakt und dafür muss er gerade stehen!
Adler, ich wäre hier etwas vorsichtiger. Ob der Tatbestand einer Untreue erfüllt ist, entscheiden andere. Genau wie für Herrn Wulff gilt auch für Herrn Brinkmann zunächst einmal die Unschuldsvermutung. Es sind angeblich Strafanzeigen erstattet worden. Jetzt sind andere am Zug. Sollte es zu einer Anklage kommen (was durchaus fraglich ist), wird die Sache offiziell geklärt. Sollte er wegen Untreue verurteilt werden, dürfen Sie schreiben, dass er Gelder veruntreut hat. Solange das nicht entschieden ist, wäre ich mit meinen Formulierungen zurückhaltender.
Außerdem scheint einigen die kirchenrechtliche Problematik noch nicht ganz deutlich zu sein. Die Kirchen geniessen als öffentlich-rechtliche Körperschaften einen Sonderstatus. Sie setzen ihr eigenes Recht und sie legen auch selbst fest, wie dieses Recht auszulegen ist. Es könnte sein, dass ein Staatsanwalt und auch ein Richter an diese Auslegung gebunden sind. Vielleicht läuft alles darauf hinaus, dass die Kirche selbst entscheiden muss, ob Brinkmann falsch gehandelt hat oder nicht. Und wenn die Kirche kein Verfahren kennt, um diese Frage zu klären, bleibt sie vielleicht bis zum jüngsten Tag ungeklärt. Es gibt ja offenbar einige hier im Forum, die vom Kirchenrecht mehr verstehen. Vielleicht können die das mal kompetent aufdröseln.
Interessant ist, wie Brinkmann den Fall selbst beurteilt: Er sagt im GK-Interview, dessen Text mir vorliegt, auf die Frage, warum der Landesvorstand, der nach der Verfassung Ausgaben über 500.000,00 EUR zustimmen muss, in diesem Fall nicht eingeschaltet war, sinngemäss folgendes: Die Verfassungsregelung gelte nach Auslegung der deutschen Gebietskirchen für materielle Investitionen. Solange er (Brinkmann) als Apostel tätig sei und dem Landesvorstand angehöre, sei er nicht ein einziges Mal zu einer Kapitalanlage gefragt worden. Dies sei in der Landesvorstandssitzung nie thematisiert worden. Stammapostel Leber habe zu seiner Zeit als Bezirksapostel die Landesvorstandssitzung allerdings mit mehr Leben erfüllt. Alle größeren Projekte und Ausgaben seien dort entschieden worden. Unter Investitionen würde man jedoch grundsätzlich Kirchenbauten und Instandhaltungen verstehen.
Soweit seine Antwort. Das deutet darauf hin, dass er davon ausgegangen ist, alleine entscheiden zu dürfen, weil es immer so gewesen ist, dass der BAP alleine entscheidet. Ob sich ein Staatsanwalt oder Gericht darüber hinwegsetzen darf, wird man abwarten müssen. Sicher scheint mir das nicht.
Aus der Antwort geht aber auch hervor, dass unter Stammapostel Leber die Verantwortung des Landesvorstandes offenbar deutlich gestärkt wurde. Er wurde weit mehr in finanziell wirksame Entscheidungen einbezogen, als dies bisher der Fall gewesen zu sein scheint.
Dann stellt sich die Frage, ob es in dem aktuellen Fall um eine materielle Investiton ging? Brinkmann sagt ja, dass die 500.000,00 EUR-Regelung nach Auslegung der deutschen Gebietskirchen für materielle Investitionen gilt.
Brinkmann hierzu im GK-Interview: Er habe sich für die Anlage entschieden, weil man auf diese Weise an sozialen Förderprogrammen hätte teilnehmen können. Mit geringem Eigenkapital hätte man ein Krankenhaus in Afrika bauen und hierfür internationale Förderprogramme anzapfen können.
So wie ich seine Aussage verstehe, stand im Vordergrund also nicht das Erzielen von Kapitalerträgen, sondern auch ein materielles Projekt (Krankenhausbau). Das wird man möglicherweise als eine materielle Investition ansehen dürfen. Es handelt sich bei dem Bau eines Krankenhauses wohl nicht allein um eine Anlage, die dem Ziel dient, das eingezahlte Kapital ggf. mit Erträgen zurückzuerhalten, sondern um eine materielle Investition.
Stellt sich dann noch die Frage, wie z.B: Leber in seiner Zeit als Bezirksapostel in NRW mit dieser Entscheidung umgegangen wäre. Wenn er nahezu alle größeren Projekte und Ausgaben dem Landesvorstand vorgelegt hat, könnte man vermuten, dass er dies auch mit der hier im Raum stehenden Investition/Anlage getan hätte. Dann könnte sich Brinkmann vielleicht nicht auf eine langjährige Übung berufen. Aber auch das wäre zunächst zu klären.
Die Behauptung, Brinkmann habe fahrlässig Opfergelder veruntreut, halte ich jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt für gefährlich.
Schneider