
Lieben Freunde,
bevor ich mich auf dieses Thema weiter einlassen, möchte ich doch noch etwas vorausschicken und zu den, in Teilen der neuapostolischen Glaubens-und Lebenswelten entstandenen Missverständnissen, sehr persönliche Einsichten und Erfahrungen rüberbringen.
Die Neuapostolische Kirche (NAK) ist streng hierarchisch organisiert. Ihr organisatorischer Aufbau ähnelt dem der Römisch Katholischen Kirche und nur wenig den der evangelischen Glaubens- und Lebenswelten. Hinsichtlich der in der NAK sich ehrenamtlich betätigenden Männern gibt es, gegenüber den erwähnten beiden Großkirchen, einen m. E. wichtigen Unterschied. Und genau
da erkenne ich eine der
offenen Wunden der NAK.
Wer sich in den o. a. Großkirchen hauptamtlich betätigen will, der kann sich, nach sorgfältiger Gewissensprüfung und ohne Gewissensbisse, um eine entsprechende Anstellung bewerben. Ein dort steiniger und sehr langer Ausbildungsweg über meist mehrere Ausbildungsjahre. Wer sich in der NAK etwa um eine entsprechende Anstellung bewirbt, der fällt von vorherein als „
unbrauchbar“ durch den Rost. Die NAK bietet aber andereseits auch keine fundierten Aus- und Fortbildungswege an.
Nach meiner weit über 50jährigen NAK-Erfahrung laufen dort Personalentscheidungen tatsächlich anders ab. Selbstverständlich hintergründig und vor allen Dingen gegenüber den in den Gemeinden versammelten Gläubigen verborgen. In allgemein nicht zugänglichen
Hinterzimmern der jeweiligen Bezirksleitungen.
Die NAK beschreibt sich ehrlicherweise als eine „
Laienkirche“. Nun könnte man dieses öffentlich eingestandene Selbstverständnis mit dem Deckmantel christlicher Nächstenliebe zudecken und auf die in der Urkirche tätigen Fischer, Handwerker und andere einfachst gebildete Akteure verweisen. Könnte man, wenn es da nicht gewisse Unterschiede gäbe.
Besehen wir aber die überkommenen Realitäten in der NAK etwas genauer. Kaum dass einige 15-jährige Knaben ihr Konfirmationsgelübde abgelegt haben, dann beginnen in den bezirksleitenden Hinterzimmern erste
Selektionen mit etwa folgenden Schritten:
1. Was für eine Persönlichkeit und was für ein Charakter bildet sich da aus?
2. Ist der für uns formbar?
3. Welches Berufsausbildungsziel zeichnet sich realistisch ab?
4. Beteiligt der sich aktiv am Gemeindeleben (Gemeindechor usw.)?
5. Wie verhält der sich in den Jugendstunden?
6. Aus welchem Elternhaus kommt der?
7. Handelt es sich um eine altbewährte Segenslinie?
Und während so ein junger Mensch, noch mitten in spätpubertärer Selbstfindung verstrickt, anfängt seinen eigenen Lebensweg zu erkunden, wird auf ihn eingewirkt. In seinen regelmäßigen Gottesdienstbesuchen konditioniert man ihn. Man predigt ihm beispielweise den aus dem Zusammenhang herausgerissenen Satz des hl. Apostels Paulus:
„Folget mir, liebe Brüder, und sehet auf die, die also wandeln, wie ihr uns habt zum Vorbilde.“ (Philipper 3, 17 / Luther 1912)
Ich kann hier nur von mir selber sprechen. Natürlich suchte ich mir in meiner NAK damals auch Vorbilder. Vorbilder, denen ich im Stillen mein Vertrauen schenken konnte. Da hatte für mich allerdings „
Nachfolge“ noch einen tieferen persönlichen Sinn als heute.
Ich denke da beispielsweise an meinen Konfirmandenlehrer. Einen Hilfsarbeiter im Priesteramt, der, bemitleidenswert, mit seiner Sprachstörung (Stottern) kämpfte. Da begegnete ich Männern wie dem herzensguten Apostel Arthur Landgraf (Berlin). Der war so einer, den ich mir zum Vorbild nahm. Ebenfalls wie die Apostel Hahn, Weinmann (Hamburg), Schall (Baden-Württemberg) und sehr viel später den Apostel Pos aus Holland.
Ich denke dabei auch, und nach wie vor und in besonderer Hochachtung, an den Apostel Friedrich Bischoff, dessen allgemeinverständlichen und geschliffenen Predigten, sowie auch seine Beiträge in der NAK-Zeitschrift „
Unsere Familie“ sich so wohltuend von dem sonst üblichen „
NAK-Gesülze“ abhoben. Ja, solche Männer wählte ich mir damals zu Vorbildern. Einer so wie die, so wollte ich auch werden.
Nur schmiedet Kirche so Diakonie…? Verleitet eine solche Organisation nicht, bewußt oder unbewußt, zu elitärem Denken und Gehabe? Altar oder Bühne, das ist die Frage...!
Möchte meine einer weniger einem stotternder Konfirmandenlehrer in Priesteramt oder nicht doch lieber einem leibhaftigen Bezirksapostel, etwa nur einem Schritt weit neben seinem Übervater, wie dem damals schon greisen Stammapostel J. G. Bischoff, getreu der gründlich missverstandenen Erstimpfung nacheifern:
"Folget mir, liebe Brüder, und sehet auf die, die also wandeln, wie ihr uns habt zum Vorbilde.“ (Philipper 3, 17 / Luther 1912)
Das mag sich jetzt einigermaßen bitter anhören: „
Altar oder Bühne?“ Da meine Familie glücklicherweise nicht auf neuapostolische Segenslinien verweisen konnte und ich es schulmäßig nicht bis zum Abitur geschafft hatte, blieb ich Unterdiakon und wahrscheinlich, barmherzigkeitsbedingt, lange nur ein neuapostolischer Diakon..
Nur das kann ich bezeugen. Als die mir in der NAK dann 1993 doch noch das Priesteramt anvertraut hatten, da blieb ich im Stillen meines Gewissens für die Leute in den Berliner Reihen und insbesondere bei meinen Geschwistern in Russland wohl doch "nur" ein Diakon. Und was das in Wahrheit bedeutet, darüber wird noch zu reden sein.
Liebe Grüße, landauf und landab, von Eurem alten Maimin
