Hallo Michael,
deine Einwände hinsichtlich meiner Ersteinschätzung haben mich trotz des knappen Zeitfensters noch einmal in einige deiner Botschaftsarbeiten blicken lassen. Auch in zwei Broschüren von Volker Wissen („Geschichtlicher Rückblick auf die Entwicklung des Stammapostelamtes“ und „Der Konflikt Bischoff – Kuhlen“) habe ich nochmals reingeschaut. Tagungsbände des NAG habe ich keine, da diese nur bis zum Tagungsband 2010 angeboten werden, was ja vor deiner Botschaftsaufarbeitung liegt. Diesbezügl. kann ich also nur das wiedergeben, was im Internet zugänglich ist.
Was ich meinte mit meinem Hinweis, dass deine/eure Arbeiten oftmals den Touch einer weichgewaschenen Darstellung haben, weshalb es sich sogar hochrangige NAK-Vertreter nicht nehmen lassen, ihre Darstellungen beim NAG zum Besten zu geben, liegt in folgendem Tatbestand: Eure Darstellungen gehen häufig kaum über eine chronologisch-beschreibende Darstellung unter Einbindung von einzelnen sozialgemeinschaftlichen Gesichtspunkten und entsprechenden Zitaten hinaus. Vielleicht ist es ja das, was du schreibst:
Ich nehme dem Leser nicht den Prozess ab, sich eine eigene Meinung zu bilden. Das ist nicht der Job eines Historikers.
Hier muss ich widersprechen. Es ist ja gerade der Job eines Historikers, die Fakten so aufzubereiten, dass das fachfremde Publikum erkennen und verstehen kann, WARUM sich Geschichte so und nicht anders abgespielt hat oder was die wahren treibenden Kräfte der ihr zugrunde liegenden Handlungen waren. Für eine chronologische oder beschreibende Darstellung geschichtlicher Fakten etc. (leider früher häufig als Geschichtsunterricht verkauft …) kann ich alte Geschichtsbücher oder Chronologien lesen oder ins Museum gehen. Geschichte darf, um eine Analogie aus dem Bereich des Schreibens zu entlehnen, in keinen faktischen Berichtstil verfallen, sondern braucht einen analysierenden Kommentarstil. Alleine das Zusammentragen von Fakten – wie großartig diese Fleißarbeit auch sein mag –, um es dann dem Leser/Zuhörer zu überlassen, was er daraus macht, hat nichts mit moderner historischer Forschung zu tun.
Vor allem aber wird durch eure Art der Darstellung der Eindruck erweckt, aus irgendwelchen Gründen sollen die unehelichen Kinder nicht beim Namen genannt werden. Gerade dem im Glashaus seiner einfältigen NAK-Sozialisation liegenden Gotteskind, dem schon beim Erwähnen des Apostelbegriffes die synaptischen Verbindungen stramm zu stehen gelernt haben, muss laut und überdeutlich gesagt werden, was warum Sache ist. Wenn sich z.B. J.G. Bischoff sich in ein und derselben Predigt mehrmals widerspricht, so ist dies nicht nur ein Indiz für seine Altersschwäche – wofür nicht er schuld war, sondern diejenigen, in deren Interesse es lag, diesen Zustand weiter aufrecht erhalten zu sehen –, sondern für die dahinter stehenden Absichten einiger Kirchenpolitik treibender Ungeister, um hinter den Kulissen umso besser regieren zu können. Ohne das Kind (die Senilität Bischoffs und die kriminelle Durchtriebenheit einiger Apostel etc.) beim Namen zu nennen, kann beim Leser kein wirklichkeitsgetreues Bild der monarchischen Stammapostolokratie entstehen. Dann kommen Aussagen zustande wie die, dass sich der Stammapostel aufgrund seines hohen Alters etc. vielleicht geirrt hätte.
Erst wenn dem Leser klar wird, mit welch menschenverachtenden Machenschaften immer und überall – sei es im Fall der Botschaft, im Fall Brückner usw. bis zurück zum Fall Irving – operiert wurde, kann er sich selber ein einigermaßen realistisches Bild davon machen, wie die (neu-)apostolische Wirklichkeit realiter aussah. Die Tatsache, wie gedankenlos und inflationär mit Begriffen wie Versöhnung, Entschuld(ig)ung, Wiedergutmachung, Aufarbeitung usw. umgegangen wird, zeigt, wie wenig von der Geschichte tatsächlich begriffen wurde. Dies betrifft im gleichen Maße auch die Entstehungsgeschichte der NAK. Auch hier ist eine rein deskriptive Faktensichtung erst der Anfang, dem der wahre Historiker eine Faktenanalyse und nachfolgend entsprechende Schlussfolgerungen zur Seite stellt.
Vielleicht hat das jetzt meine Ursprungsaussage und ihre Intention ein wenig erhellt, zumindest aber gezeigt, dass es nicht in meiner Absicht lag, Verschwörungstheorien zu basteln.