abendstern_ hat geschrieben:Hallo Tatyana,
interessanterweise sprechen wir in der Landeskirche das "Unser Vater" in jedem Gottesdienst, also auch, wenn kein Abendmahl stattfindet. Dieses Gebet hat in der Liturgie seinen festen Platz und hat nichts mit einem Bußgebet zu tun. Mit der Bitte "vergib uns, wie wir vergeben" macht man sich eher gegenwärtig, dass man immer wieder vergeben muss, genau so wie Gott uns auch vergibt.
Das "Unser Vater" wird übrigens auch im Abendmahlsgottesdienst erst weit nach Abendmahlsfeier gesprochen, hat also einen anderen Platz als in der NAK. Deshalb wird vor des Vergebungszusage das Bußgebet gesprochen, um sich bewusst zu machen, wenn ich Vergebung von Gott haben möchte, muss ich meine Fehler einsehen und bereuen.
"Das Vaterunser basiert auf jüdischen Gebetstraditionen, die damals bereits jahrhundertelang im Tanach überliefert worden waren. Es ähnelt vor allem dem Kaddisch, besonders im ersten Teil in Bezug auf die Heiligung des Namens und der Verwirklichung von Gottes Herrschaft, und dem Achtzehnbittengebet Schmone Esreh, besonders im zweiten Teil in Bezug auf die Dinge des täglichen Lebens.
Es gehört in den synoptischen Evangelien zu den Texten, die die historisch-kritische NT-Forschung der vermuteten Logienquelle zuweist. Deren älteste, anfangs mündlich überlieferten und von der Situation missionierender Wanderbettler geprägten Texte werden auf Christen zurückgeführt, die Jesus zu Lebzeiten begegnet sein können. Ihre Überlieferung erhielt früh einen festen Platz in der urchristlichen Gottesdienstliturgie, besonders im Kontext des Abendmahls. Dort galt das Vaterunser spätestens seit 90 als das heiligste Gebet; Katechumenen durften es noch nicht beten. Nach alten Texten wie der Didache sollten Christen es auch privat dreimal am Tag beten.
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In der katholischen Kirche ist das Vaterunser zentraler Bestandteil des Rosenkranzgebets, hier aber traditionell ohne die sekundäre Doxologie. Es wird in jeder Heiligen Messe gebetet. Direkt im Anschluss folgt der Friedensgruß und das Agnus Dei. Im lutherischen Katechismus bildet es das dritte Hauptstück."
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Quelle