Guten Morgen, Lobo,
Lobo hat geschrieben:
Bei der angegebenen Prozentzahl unterstelle ich ein aktives Glaubensleben, besonders unter dem Aspekt einer na-Sozialisierung.
also Gottesdienstbesuch, Besuch der Singstunde, Reinigen der Kirche, diese Dinge meinst du? Ich bin auch na-sozialisiert (und wie!) und weiß schon in etwa, was man unter dem aktiven Glaubensleben versteht. Dazu zählt alles, was von anderen wahrgenommen wird, vor allem die Anwesenheit bei verschiedenen Gemeindeaktivitäten. Die Stunden, die man für die Kirche investiert zählen für den Glauben.
Nach vielen Jahren Abstand von diesem Glaubensverständnis hat mich dein Thema deshalb besonders berührt, weil ich spürte, wie weit ich mich inzwischen davon entfernt habe.
Ich muss gestehen, mein heutiges Glaubensleben nach diesem Maßstab gemessen, wäre recht karg. Ich tue zwar auch so einige Dinge und lass mich ab und zu sehen, aber nicht um dieser Aktivitäten willen, sondern weil ich Verlangen danach habe. Deshalb würde ich z.b. meine wöchentliche Chorprobe nie als Aktivität für die Kirche zählen, sondern als ureigenstes Bedürfnis meiner selbst. Ich will das, mir macht das Spass, also tue ich es. Wenn ich mich jede Woche innerlich überwinden müsste und mich zwingen müsste, diese zwei Stunden zu investieren, liefe was falsch und ich würde mich schleunigst abmelden. Andere investieren woanders, wo es ihnen Spass macht, wo sie ihre Gaben haben.
Ich denke dabei nicht an sportliche Leistungen, nein, ich versuche nur den Stellenwert des Glaubens in unserem Leben zu beziffern. Ich persönlich tendiere auch eher in Richtung <= 10%.
Ich bin der Meinung, dass die Grenzen zu profanen Dingen dabei fließend sind.
Mich würde interessieren, warum das immer noch so starkt getrennt wird - hier Glaube - dort Welt (oder profanes Leben). Wir nehmen unser profanes Leben (wenn wir das schon so nennen wollen) doch auch sonntags mit in den Gottesdienst. Wir geben es dort nicht an der Garderobe ab und gehen völlig vergeistigt hinein und wieder heraus und schlüpfen dann wieder in unseren profanen Kittel fürs Alltagsleben. Wir sind immer wir selbst. Und genau so nehmen wir unser inneres geistiges Leben, unser Bedürfnis nach Gott auch aus der Kirche heraus. Also sind wir, ob wir drin oder draußen sind, doch dieselben Menschen, und auch der Glaube ist derselbe und entsprechend wirkt der Glaube (oder unsere spirituellen Bedürfnisse) weiter in jedem Moment, in dem wir ihrer bewusst werden.
...Ein lieber Anruf um zu trösten..., das Gebet in unterschiedlicher Form..., der interessante Bericht in den Medien, nicht nur das Internet...
, die Vorbereitungszeit für Aufgaben in der Kirche...,
Ich möchte sagen, dass die "gefühlte" Zeit für glaubensbezogene Dinge uns oft länger erscheint, als sie in Wirklichkeit ist.
Wenn Glaube nichts vom restlichen Leben abgegrenztes ist, kommt man gar nicht auf die Idee, diese Zeit messen zu wollen. Dann kann sogar das, was auf dich vielleicht äußerst profan wirkt, für mich heilig sein. Brombär hat neulich so einen heiligen Moment beschrieben. DIESE Momente zählen für mich weit mehr, als irgendwelche Aktivitäten, die ich für eine Organisation nahmens Kirche unternehme. Und die lassen sich zeitlich eh nicht messen.
Ich selbst muss mich immer wieder daran erinnern, bewusst durch den Tag zu gehen, ob nun Sonntag oder Werktag. Das achtsame Erleben auch auf den ersten Blick ganz profaner Momente kann diese heiligen.
Wenn ich bei mir selbst bin, ist Gott mir auch ganz nahe.
LG abendstern_