Loreley, Dieter, rfw,
ich komme in diesem Forum manchmal in die Situation, dass ich in den kleinen Dialogen eine Gegenposition andeute und dabei die Neuap. Kirche verteidige. Ich bin ja - wie Sie wissen - nicht Mitglied der Kirche. Ich will sie nicht verteidigen und auch nicht kritisieren, sondern ich bin hier - in diesem Forum - weil mich interessiert, welche Gedanken mehr oder weniger zufällig schreibende „Leute“ zu den unterschiedlichsten Themen darlegen. Aber dabei komme ich eben manchmal in die Situation, dass ich die Neuap. Kirche verteidige. Das ist schon etwas komisch. Einerseits hat vor längerer Zeit - ich war etwa ein Jahr registriert und hatte recht viel geschrieben - Herr Randnotiz den Verdacht geäußert, dass Cemper in dem Forum evtl. im Auftrag eines Instituts für soziologische Erhebungen oder auch in freien wissenschaftlichen Arbeitszusammenhängen eine „verdeckte Untersuchung“ durchführt. Frau agape hatte damals beifällig genickt. Das andere Extrem gab es von einigen Wochen: Ein gewisser Heinrich aus Süddeutschland hat die Vermutung geäußert, ich stünde auf einer Züricher Gehaltsliste; nur so könnte man meine Reaktionen erklären (oder so ähnlich).
Ich kann mangels interner Kenntnisse nichts oder nur wenig zu den hier diskutierten Fragen sagen. Vielleicht liege ich schief - und vielleicht ist Ihre Kritik an mir berechtigt. Ich will das offen lassen und Ihnen dies sagen:
Loreley schreibt, „die Finanzierung der (einer) Kirche sollte man nicht von Bibelstellen abhängig machen. Leider tut es die NAK, wenn sie auf Maleachi verweist. (Zudem eben nicht korrekt)“ Sodann spricht sie von „geforderten 10%“.
Sehen Sie mal - ich orientiere mich an dem, was auf der offiziellen Seite der NAK (
www.nak.org) steht:
„Die Neuapostolische Kirche finanziert sich selbst. Sie erhebt keine Kirchensteuern oder sonstigen Pflichtbeiträge von ihren Mitgliedern. Ob oder wie viel jemand spendet, wird nicht kontrolliert. Die Mitglieder können sich, entsprechend der biblischen Grundlage (Maleachi 3, 10), am ‚Zehnten’ orientieren.“
Das ist die offizielle Position. Was ist daran zu kritisieren? Ich kann das nicht erkennen.
1. Die Kirche finanziert sich selbst. Die zuständigen Gremien haben diese grundsätzliche Entscheidung getroffen. Sie hätten sich (jedenfalls in Deutschland) auch für die Erhebung von Steuern oder sonstigen Pflichtbeiträgen entscheiden können. Aber das ist nicht gemacht worden. Die Entscheidung für die Selbstfinanzierung ist korrekt. Natürlich kann man sachlich über die Vor- und Nachteile dieser Praxis und über Alternativen reden. Das ist - vermute ich - in den Gremien auch gemacht worden. Aber nun ist die Entscheidung so, wie sie ist - und ich sehe nicht, was es da noch zu diskutieren gibt.
2. Wenn einem die Grundsatzentscheidung nicht passt und man nicht Mitglied einer Kirche sein will, die sich so finanziert, dann kann man sich doch eine andere Kirche suchen. Die Freiheit wird hier nicht eingeschränkt. Wenn man aber doch in der NAK sein will, dann muss man eben einen Kompromiss machen. Das muss man immer und überall. Selbst die Eltern oder die Ehefrau sind manchmal nur auf der Basis eines Kompromisses zu ertragen ...
3. Die Neuap. Kirche kontrolliert das Spendenverhalten der Mitglieder nicht. In jedem Schachclub, in jeder Gewerkschaft und so weiter gibt es dagegen Kontrollen. Gerade gestern kam Post von der GEW; es ging um korrekte Beitragsabführung. Die Neuap. Kirche ist - verglichen damit und jedenfalls gemäß der offiziellen Erklärung zur Finanzierung - vollkommen liberal.
4. Dann finde ich bei Loreley den Hinweis auf die uralte Maleachistelle. Du liebe Zeit! Diese Stelle wird doch einfach nur so erwähnt. Es heißt mit Blick auf Maleachi, „die Mitglieder können sich ... am ‚Zehnten’ orientieren.“ Können! Sie müssen es nicht. Es heißt ausdrücklich „können“. Der Zehnte ist auch in Anführungszeichen gesetzt. Das relativiert diese Angabe doch auch noch. Und dann ist gar nicht gesagt, wie „konkret gerechnet“ werden soll. Wovon soll denn der Zehnte gespendet werden? Wissen Sie - die Vermögens- und Einkommenslagen sind doch teilweise so einfach und teilweise so kompliziert. Was soll jemand tun, der ein regelmäßiges Einkommen hat und sonst nichts? Und was soll jemand tun, der überschuldet ist? Was soll jemand tun, der in einem eigenen Haus wohnt und keine Miete zahlt - soll der 10 Prozent der Mietersparnis spenden? Was soll jemand tun, der einen größeren Immobilienbesitz hat, aus dem er arbeitsloses Einkommen bezieht (Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung)? Soll er davon 10 Prozent spenden? Bei großen Besitztümern vielleicht 100.000 Euro pro Monat? Oder soll er 10 Prozent vom Vermögenswert spenden - und das alle zehn Jahre oder jährlich - oder vielleicht jeden Monat (was dann zur Pleite führen würde)? Was soll der Großunternehmer machen? Es gibt doch in der NAK solche Leute. Einer gehört zu den deutschlandweit führenden Kultur- und Kunstmäzenen. Wie viel soll der spenden oder opfern? - Das ist doch oft gar nicht zu berechnen. Insoweit sind die allgemeinen Angaben in der offiziellen Erklärung (siehe oben) doch in Ordnung. Und jedes Kirchenmitglied kann sich auf diese Erklärung berufen.
Nun lese ich in Ihren Entgegnungen, dass es intern die und die Argumentationen gibt (Opfer, Segen usw.). Dazu kann ich nur sagen: Die offizielle Position der NAK ist die, die ich oben zitiert habe. Wenn nun irgendwer - sei er Stammapostel, Apostel oder Priester oder Diakon - mit einer merkwürdigen Mentalität und einem Hang zu Übertreibungen und Verbeugungen und was weiß ich noch alles zu Fragen der Kirchenfinanzierung und des Spendens/Opferns etwas erzählt, was nicht gefällt, dann kann man andie offizielle Position denken oder darauf verweisen - oder man hört nicht hin oder ignoriert oder sucht sich eine andere Kirche. Es tut mir leid - ich sehe nach Ihren Ausführungen, dass sie Probleme haben, ich kann aber nicht erkennen, warum Sie sich mit solchen Problemen belasten.
Übrigens finde ich auch die offizielle Erklärung der Kirche zur Mittelverwendung (ebenfalls www. nak.org) korrekt:
„Die Kirche ist bestrebt, mit einem möglichst kleinen Verwaltungsapparat auszukommen. Der weitaus größte Teil der Einnahmen fließt in den Bau und Unterhalt der Kirchengebäude, kommt also unmittelbar wieder den einzelnen Gemeinden zugute. Auch für die Missionstätigkeit wird ein beträchtlicher Teil des Kirchenbudgets aufgewandt. Darüber hinaus erbringt die Kirche humanitäre Hilfsleistungen und unterstützt Hilfsaktionen in Katastrophenfällen.
Die Kontrolle der kirchlichen Einnahmen und Ausgaben nehmen unabhängige Wirtschaftsprüfer vor.“
Ich weiß nicht, was intern passiert; ich weiß nicht, welche Geldströme wie und wohin fließen und mit welchen metaphysischen Eiertänzen über Geld geredet wird. Ich sehe nur, dass viel über Geld und Segen geredet wird und dass die Transparenz nicht gut ist (tergram hat das mehrfach pointiert skizziert). Arbeiten Sie doch an Verbesserungen in dem Bewusstsein, dass Sie dicke Bretter bohren müssen. Sagen Sie manchen Kirchenvertretern in berechtigten Fällen, dass sie - gemessen an der offiziellen Erklärung - Unsinn erzählen.
Zum Thema Opfer/Segen will ich sagen: In kath. und ev. Gottesdiensten geht es auch immer um Geld. Oft werden die „Klingelbeutel“ auf den Altar gelegt - und es wird um Segen gebeten. Ich finde das gar nicht so verkehrt. Man darf sich nur nicht verrückt machen lassen.
In diesem Zusammenhang will ich einen ganz anderen Aspekt andeuten. Ich habe mich nicht mit der „Geschichte des Opfergedankens in den Religionen“ befasst. Ich habe aber manchmal den Gedanken, dass die „Institution Opfer“ einen tieferen Sinn haben könnte und tatsächlich in einem Zusammenhang mit „Segen“ stehen könnte. Ich erläutere das mal an zwei Beispielen:
Vor einiger Zeit hatte ich mit einem menschlisch tragischen Fall zu tun. Ein Ehepaar hatte sich so zerstritten, dass nichts mehr ging. Die Frau war aus der Wohnung ausgezogen. Ein Freund des Mannes - ein Pastor - und ich waren dann an einem Abend bei dem Mann. An einer Stelle des Gesprächs sagte der Pastor: „... wenn Du das so machen willst, dann sage ich Dir jetzt, dass darauf kein Segen liegt.“ Ich erwähne das, weil es menschliche Verhaltensweisen gibt, die nicht gut sind - und darauf liegt dann kein Segen. Ich bin davon überzeugt, dass man Segen oder Nichtsegen wirklich erfahren kann. Nur - Segen ist kein vom Himmel fallender Hokuspokus.
Das andere Beispiel hat ganz andere Dimensionen. Denken Sie mal an die Finanzkrise. Da werden Milliarden und Billionen vernichtet. Es gibt Spekulationen und Verschuldungen und irrsinnige Finanzkonstruktionen ohne Bezüge zur realen Wirtschaft. Staaten werden in den Möglichkeiten der politischen Gestaltung extrem eingeschränkt, weil sie Geld für Tilgungen brauchen und es dann nicht mehr für vernünftige Investitionen haben. Künftige Generationen werden hoch belastet. - Und nun stellen wir uns eine Gesellschaft vor, in der immer ein Zehntel geopfert wird und dadurch eine solide Vermögenslage entsteht. Näheres diskutieren Sie bitte mit Nationalökonomen. Besonders mit Vertretern des Keynesianismus.
Ich höre mit zwei frechen Bemerkungen auf. Beide können Sie auf die NAK übertragen: Ich kapiere nicht, dass manche Menschen sich ein Auto kaufen, dass zu klein oder zu langsam ist und sich dann darüber beklagen, dass ihr Auto nicht größer ist oder nicht schneller fährt. Ich kapiere nicht, dass manche Menschen jedes Jahr im Winter in die Alpen fahren und sich dann darüber beklagen, dass es dort schneit.
Ich weiß, dass ich nicht richtig auf Sie eingegangen bin. Sehen sie es mir nach - und entschuldigen Sie die Länge dieses Sermons. Eine kürzere Fassung hätte mehr Zeit erfordert.
C.