Cemper hat geschrieben:Im Übrigen: Kirchenpräsident Leber sagt nicht das, was Sie empfehlen. Er sagt zunächst, dass die Wissenschaft der Wissenschaft (also den Wissenschaftlern) überlassen werden soll. Das ist sehr vernünftig (und wohl selbstverständlich). Sodann sagt er: "Wichtig für uns ist der Glaube, dass Gott hinter allem steht. Er hat den ganzen Entwicklungsprozess in seiner Hand gehalten, und das Leben in all seinen vielfältigen Erscheinungsformen nach seinem Willen hervorgebracht." Das ist eine allgemeine Glaubensaussage; sie erinnert mich an das in der Theologie immer wieder zu findende Selbstverständnis, dass es in der Theologie darum geht, den Glauben an Gott als die alles bestimmende Wirklichkeit denkend zu entfalten. Also - dieser Satz von Leber ist doch akzeptabel.
ja, es gibt evtl. vereinzelte sätze, die manchen menschen akzeptabel erscheinen könnten. aber es ist nicht unsere aufgabe herauszufinden, welche das im einzelnen sind. das überlassen wir der wissenschaft.
Cemper hat geschrieben:Sodann spricht er gegen Ende des abgedruckten Textes vorsichtig von der Möglichkeit "bildhafter Elemente" im Schöpfungsbericht. Diese Vorsicht finde ich durchaus verständlich - und die Ausdrucksweise zeigt nach meiner Meinung im Übrigen an, dass Leber diese Texte wohl genau so sieht: bildhaft. Und dann sagt er: " ... ich rate aber dazu, nicht zu sehr zu analysieren, was wörtlich und was bildhaft zu verstehen ist. Das führt uns im Glauben nicht weiter." Nun ja - manchen Menschen sollte man diesen Rat wirklich geben. Es gibt auf dem Gebiet der Religion und des Glaubens nämlich viele, die meinen, sie könnten ohne Einblicke in die Komplexität der Probleme erklären, was die Welt im Innersten zusammenhält.
die pointe des textes liegt doch in den letzten zwei absätzen. alles davor ist doch völlig belangloses blabla, das höchstens die geschwister der gemeinde wolkenkuckucksheim noch schockt - die haben aber sowieso keinen internetzugang.
ich versuche mich hier gerne nochmal an einer detailbetrachtung. den lebertext habe ich dazu kursiv gesetzt.
"Jetzt taucht noch eine weitere Frage auf: Wie ist der biblische Bericht über Adam und Eva als dem ersten Menschenpaar in diese Zusammenhänge einzuordnen?" - allein schon dies ("das erste menschenpaar") zeigt doch, das leber eben nicht wissenschaft wissenschaft sein lassen will.
"Meine Antwort:" - aha,
seine antwort also. ein löblicher versuch der subjektivierung des glaubens, den er am ende des gleichen absatzes mit einem "uns" schon wieder scheitern lassen wird.
"Die Heilige Schrift sieht den Menschen grundsätzlich als ein mit einer unsterblichen Seele ausgestattetes Wesen an. Der Zeitpunkt, wann die ersten mit einer Seele ausgestatteten Menschen auftraten, lässt sich wissenschaftlich nicht bestimmen, denn die Seele als das von Gott gegebene unsterbliche Leben ist wissenschaftlicher Forschung nicht zugänglich." - hier wird natürlich versucht, einen gegensatz zwischen naturwissenschaft und kirchlicher bzw. biblischer autorität aufzubauen. dass er hier auf einen, nein,
den zeitpunkt(!) abhebt, verschleiert aber wieder, dass die wissenschaft ja prinzipiell keine aussage darüber geben kann, ob der mensch überhaupt eine seele besitzt. und jetzt geht's los:
"Die menschenähnlichen Vorformen, die es zuvor gegeben haben mag, waren also nicht mit einer unsterblichen Seele ausgestattet." -
"also"? wieso "also"? sinn macht das nur, wenn man sich eine wunderschöne zirkelschluss-definition zurechtlegt, was "mensch" sei. mensch ist, was beseelt ist, sagt leber. damit ist der obige satz aber nur eine tautologie - "also" quatsch.
"Der biblische Bericht über das erste mit einer Seele ausgestattete Menschenpaar Adam und Eva zeigt in sehr anschaulicher Weise, dass die Menschen sogleich in Sünde gefallen sind." - kommen wir zurück zum "ersten menschenpaar" (hier sogar redundant als erstes "mit einer Seele ausgestattete Menschenpaar" bezeichnet). der bericht zeige, "dass die Menschen sogleich in Sünde gefallen sind." wie "zeigt" er das? und wieso "sogleich"? hier biegt sich leber den biblischen bericht zurecht, damit er in sein zeitgeistiges weltbild passe. damit wird er aber natürlich weder der bibel noch der evolutionswissenschaft gerecht. von der frage nach der "sünde" (und wie die bibel sie in diesem zusammenhang "in sehr anschaulicher weise" darstellt) garnicht zu reden.
"Auch dieser Bericht mag bildhafte Elemente enthalten, ich rate aber dazu, nicht zu sehr zu analysieren, was wörtlich und was bildhaft zu verstehen ist. Das führt uns im Glauben nicht weiter." - über diese zwei sätze kann man schon deswegen nicht diskutieren, weil sie völlig unbegründet bleiben. aber warum führt es "uns" "im glauben" weiter, wenn wir uns vorstellen, gott hätte "das erste menschenpaar" beim äpfelklauen erwischt? oder an der personifizierung des "teufels" in schlangengestalt festhalten? und bitte, stammapostel, nächstes mal dann doch noch etwas genauere anweisungen, was noch "nicht zu sehr" und was schon "zu sehr" analysiert ist.
"Noch eine abschließende Bemerkung: Die Fragen, die ich hier angeschnitten habe, sind für die Erreichung unseres Glaubenszieles nicht entscheidend." - vmtl. wundert es dich, cemper, als kenner der neuapostolischen kirche nicht im geringsten, dass leber sich aufschwingt, zu entscheiden, was für das erreichen des glaubenszieles (nichts weniger als die ewige gemeinschaft mit gott) "entscheidend" ist und was nicht. mich wundert das aber schon - weil doch seit ein paar jahren die kirchenleitung proklamiert, gott entscheide über derartige fragen vollkommen souverän.
"Aber wir müssen als Kirche einen klaren Standpunkt vertreten." - natürlich wieder ein ganz anderes "wir" als das "uns" von vor zwei sätzen. auch ist die feine unterscheidung zu dem "ich" des ersten satzes des vorigen absatzes wichtig. und das man nicht kann oder will, sondern "muss". warum es dann doch nicht für einen "klaren standpunkt" reicht - und warum leber das selbst nicht einmal auffällt" - ist schon lächerlich genug. aber die krönung, die schlusspointe dieses elaborierten witzes kommt ja noch:
"Es ist nicht nötig und auch nicht sinnvoll, uns in Widerspruch zu wissenschaftlichen Ergebnissen zu bringen." - "nicht nötig"! "auch nicht sinnvoll"! "uns"! herr, lass abend werden! kinder, was haben wir gelacht.
Cemper hat geschrieben:Der Leber-Text ist für mich nicht "Quatsch". Ich Gegenteil: ich halte ihn für vernünftig.
das sei dir unbenommen. es soll ja auch menschen geben, die sich bspw. ausdauernd und tiefgehend mit den rhinogradentia beschäftigen - rein wissenschaftlich, versteht sich! das halte ich für nicht weniger vernünftig.
Cemper hat geschrieben:Damit wir uns nicht falsch verstehen: Die Diskussion der neuap. Glaubenslehre - die ja allerlei Merkwürdigkeiten enthält - wird mit meiner Antwort nicht abgewürgt.
na, da haben wir ja nochmal echt glück gehabt! und ich hab mir schon sorgen gemacht...