Ich meinte Charisma im heutzutage landläufigen soziologischen Sinn: Eine in sich ruhende Persönlichkeit, die den Nächsten interessiert wahrnimmt, im richtigen Moment Begeisterungsfähigkeit entwickeln kann und diese auch auf andere zu übertragen vermag.
In Sicht auf die Apostel wünschte ich mir, sie sollten a) ihre eigene Begeisterung von Christus auf die Schäfchen übertragen können und b) die großartigen Möglichkeiten, die der Glaube an den auferstandenen Christus in sich birgt, wie einen Funken der Begeisterung in den Anvertrauten entzünden können, die Seele, das "Göttliche" in uns, in Schwingungen versetzen können. - Aber das passiert nicht (oder selten - unseren Ap Burchard klammere ich mal aus - ein ganz wackerer, aufrichtiger Glaubensmann !) Warum? Ich glaube, weil sie selber nicht begeistert sind von ihrem Glauben an Christus. Sie kreisen nur um sich selber und ihre Legitimationsdeklarationsformulierungen.
Es ist auch so, dass ich beobachte, wie z.T. versucht wird, sich bemüht wird, charismatisch zu wirken. Es wird die Bereitschaft der Gläubigen ausgenutzt – besonders an Entschlafenen-Gottesdienst-Sonntagen – hehre Gefühle erleben zu wollen. Es werden anrührende Geschichtchen neuapostolischer Prägung erzählt, gespickt mit Träumen, die das ganze Entschlafenenkonstrukt untermauern sollen. Viele ziehen nur allzu bereit ihre Taschentücher hervor und geben sich ihrer Rührseligkeit hin, die ganz bewusst – so empfinde ich es – herausgelockt werden soll. Der Prediger gibt seiner Stimme das nötige Timbre, gerade soviel, dass er noch sprechen kann, jedoch die Bewegung unüberhörbar ist. - Ich fühle mich in solchen Momenten manipuliert und eher abgestoßen, weil es mir rein intuitiv aufgesetzt, nicht echt vorkommt.
Hingegen lässt der Prediger in der selben Predigt, in einem Nebensatz, die Geschichte Elias anklingen, dessen Gebet ausreichte, das mit Wasser übergossene Opfer zu entzünden. Sofort höre ich im Geiste den Chor aus dem Elias: "Das Feuer fiel herab, die Flamme fraß das Brandopfer…" und die göttliche Genialität dieser Vertonung Mendelssohns, die ich imaginär höre, vermag es, mich innerlich anzurühren.
Was ich damit sagen will: Diese "göttliche"
Kompetenz und Autorität, die in manch einer Vertonung der alten Meister steckt, die ein jeder erkennt, weil er dieses Wahre, Göttliche tief in sich trägt, die wünschte ich mir (besonders) in einer kirchlichen Gemeinschaft, in sonntäglicher Predigt, nur einen Funken hin und wieder, gerne auch einfach verpackt, aber wahrhaftig, aufrichtig, suchend, begeistert.

[i][size=75]"... Ich bin einerseits sehr froh, dass ich diesen Gedanken aussprechen kann, auf der anderen Seite fällt es mir auch nicht schwer..."
(Bap Klingler - Neujahrsgd 2009)[/size][/i]