Boy hat geschrieben:
@ Cemper: Religionsfreiheit ist zunächst einmal eine positive Sache, ein Grundrecht. Jedoch sollte der Staat sich nicht scheuen dann und dort regelnd einzugreifen, wo die (psychische) Gesundheit von Menschen, besonders Kindern, in Sekten auf dem Spiel steht. Die Kosten von möglichen Therapien bezahlt nämlich die Allgemeinheit und das muß ja nicht sein, wenn man in irgendeiner Form zumindest Prävention betreibt. Oder wie S. Kranefeld, ev. Religionslehrerin, bezgl. der NAK titelte: Aufklärung statt Therapie. Übrigens sehe ich Foren wie dieses, aber ganz besonders auch die Aussteigerforen, als einen Ort der Aufklärung und der Dokumentation vieler Fallbeispiele, die die Dimension von Einzelfällen längst überschritten hat. Übrigens sollte die pers. Freiheit, auch die Religionsfreiheit, dort enden, wo ein oder mehrere andere in ihrer Freiheit (des Glaubens, des Denkens, des Handelns...) eingeschränkt werden.
Es grüßt Boy
Werter Boy -
Sie stellen einen komischen Beitrag ins Forum. Ich schreibe Ihnen dazu dies:
Die Aussage zur Religionsfreiheit in Ihrem ersten Satz ist richtig. Sie ist aber banal. Natürlich ist Religionsfreiheit eine positive Sache. Und ein Grundrecht ist sie auch - das weiß fast jeder. Die Grundrechtsbestimmung dazu - Artikel 4 - hat diesen Wortlaut:
(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.
Aber was heißt denn Religionsfreiheit? Ich kann Ihnen das nicht in wenigen Worten darlegen. Wenn Sie sich näher mit dieser Frage befassen wollen, dann lesen Sie Fachliteratur (zum Beispiel einschlägige Abschnitte eines GG-Kommentar und einschlägige Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts wie z.B. BVerfGE 19,206/216; BVerfGE 19, 129/132; BVerfGE 12,3). Ich will zu diesem Punkt nur anmerken: Freiheit ist auch hier zunächst die Freiheit der anderen.
Dann empfehlen Sie Eingriffe des Staates, „wo die (psychische) Gesundheit von Menschen, besonders Kindern, in Sekten auf dem Spiel steht.“ Diese Aussage ist auch richtig und ebenfalls banal. So etwas macht der Staat doch. Sie fordern also etwas, was getan wird. Wenn Sie mit Ihrem Hinweis aber unterschwellig suggerieren wollen, der Staat müsste gegen die Neuap. Kirche vorgehen, dann muss ich Ihnen sagen, dass Sie sich hier verrennen. Experten sehen keinen Grund für vorsorgliche Beobachtungen oder gar Maßnahmen. Näheres können Sie in einem Bericht der Enquete-Kommission „Sogenannte Sekten und Psychogruppen“ des Deutschen Bundestages lesen. Schauen Sie mal rein (aber nehmen Sie sich Zeit, der Bericht ist 236 Seiten lang):
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/13/109/1310950.pdf
Der Staat anerkennt die NAK als Körperschaft des öffentlichen Rechts. Er kommt ihr in vielen Angelegenheiten entgegen und überlässt ihr sogar als Raum für einen größeren Gottesdienst das ehemalige Bundestagsgebäude.
Dann schreiben Sie: „ Die Kosten von möglichen Therapien bezahlt nämlich die Allgemeinheit und das muß ja nicht sein, wenn man in irgendeiner Form zumindest Prävention betreibt.“ Diesen Satz verstehe ich nicht. Wollen Sie mit einem Hinweis auf die von der Allgemeinheit getragenen Kosten für Therapien das Grundrecht der Religionsfreiheit einschränken? Ein solches Ansinnen wäre für jeden Juristen Anlass zur Frage nach dem IQ.
Dann verweisen Sie auf Kritikerliteratur. Der Titel „Aufklärung statt Therapie“ wirkt auf mich positiv. Ich kenne diese Publikation aber nicht und kann deshalb nichts dazu sagen. Ich kann Ihnen aber einmal eine meiner jüngsten Erfahrungen in der NAK beschreiben. Lesen Sie das mal aufmerksam.
Ich war zu einem Trauungsgottesdienst in einer neuap. Kirchengemeinde und anschließend zu einer Hochzeitsfeier eingeladen. Geheiratet haben eine Juristin und ein Jurist. Die Kirche war infolge der Anteilnahme der Gemeinde fast voll besetzt (ich schätze 250 Personen). Ein guter Chor war auch da. Der Gottesdienst zur Trauung wurde von einem - wie man so sagt - Laienprediger gehalten. Der Mann ist im Zivilberuf Direktor eines größeren Schulzentrums. In der Kirche war eine insgesamt gute Stimmung. Ich habe niemanden mit einem Psycho-Defekt aufgrund seiner NAK-Mitgliedschaft gesehen. Anschließend - auf der Feier - hatte ich an einem großen Tisch meinen Platz. Die anderen Tischgenossen bzw. Gäste waren neuapostolisch und psychisch gesund: ein Richter, zwei Staatsanwälte, drei oder vier Studienräte, ein Arzt und einige Studenten und zwei ältere Damen: eine oberfromme neuap. Großmutter und eine fromme Tante.
Das ist eine meiner Erfahrungen - und die lasse ich mir nicht kaputt reden. Zur Wirklichkeit der NAK gehören aber auch Probleme bis hin zu seelischen Störungen. Das bestreite ich doch gar nicht. Mein Punkt ist die nüchtern-sachliche Betrachtung und die Achtung der Religionsfreiheit.
Ich persönlich hatte in dem Trauungsgottesdienst - während der Predigt und während der Ansprache - teilweise erhöhten Blutdruck. Ich habe mich gefragt: Was sagt der Mann eigentlich? Wieso sagt er das? Was sind die Grundlagen? Wie kommt er dazu, diesen biblischen Text so zu deuten? Ich habe das meiste nicht verstanden. Aber das ist ein anderes Kapitel. Wichtig ist: Mein Unverständnis berechtigt mich nicht, andere zu kritisieren; ich darf lediglich nachfragen - und das wollte ich auch. Während des Essens habe ich das meinem neuap. Tischnachbarn gesagt. Wir hatten diesen Dialog: „Ich würde mir gern von dem Prediger erklären lassen, wieso er meint, in der NAK wären Apostel wie in der Urkirche tätig.“ - „Frag’ besser nicht; das kann er Dir nicht wirklich erklären.“
Ihren letzten Satz sollten Sie erläutern - was meinen Sie genau? Wie stellen Sie sich "religiöse Erziehung" vor?
C.