Cemper hat geschrieben:Bedenkenträger - eine kurze Antwort:
Das auf der ganzen Welt in vielen Kirchen gesprochene und die Kirchen verbindende sog. Apostolische Glaubensbekenntnis ist „uralt“. Sein Ursprung ist ein frühchristliches Taufbekenntnis. Das Apostolische Glaubensbekenntnis in der heutigen Form ist seit dem 5. Jahrhundert schriftlich belegt. Es ist doch klar, und zwar so klar, dass kaum etwas klarer sein kann, dass sich dieses Bekenntnis bei gleichbleibendem Wortlaut - also ohne Veränderung des Textes - verändert hat. Wenn die Menschen (die Christen) in früheren Jahrhunderten die Bekenntnisbegriffe Gott, Himmel, Erde, Jesus Christus, Heiliger Geist usw. benutzt haben, dann haben sie damit die jeweiligen damaligen Vorstellungen verbunden. Wahrscheinlich haben sich die Menschen die Erde als Scheibe und den Himmel als eine Art Zelt über dieser Scheibe vorgestellt. Von Gott hatten sie die Vorstellung, dass er „das alles gemacht“ hat und „oben“ im Himmel thront. Von Jesus Christus und dem Heiligen Geist werden sie auch irgendwelche Vorstellungen gehabt haben. Alle Vorstellungen standen unter vielfältigen Einflüssen der jeweiligen Kulturen und den in ihnen entstandenen und tradierten „Weltsichten“. Man muss sich das alles doch „ganz lebenspraktisch“ vorstellen. Fünftes Jahrhundert. Achtes Jahrhundert. Zehntes Jahrhundert. Mittelmeerstaaten. Dann - später - Christianisierung im Norden Europas. Das Bildungsniveau irgendwelcher „Eliten“ und der ländlichen Bevölkerung ...
Im Laufe der Jahrhunderte haben sich die Weltbilder oder das Weltverständnis aufgrund wissenschaftlich-technischer Erkenntnisse und Entwicklungen verändert. Wenn wir heute das Glaubensbekenntnis sprechen, dann verstehen wir die Erde nicht als Scheibe und den Himmel nicht als Zelt. Wir haben die und die Kenntnisse von der Erde und ihrer Geschichte und ihrem „Ort“ im Universum. Wenn wir von Gott, Jesus Christus und dem Heiligen Geist sprechen, dann haben wir auch andere Vorstellungen als die Menschen in früheren Jahrhunderten. Gott ist - vielleicht - das, was uns unbedingt angeht. Er ist vielleicht ein Begriff für das, was uns verstandesmäßig verborgen bleibt und was sich nur dem Glauben erschließt. Die Frage nach Gott ist vielleicht die Frage: Was soll ich tun? Jesus Christus - verstanden als Selbstmitteilung Gottes - ist vielleicht eine Antwort auf diese Frage. Immer stellt sich aber die Frage: Was sagen wir eigentlich, wenn wir sagen: „Ich glaube ...“?
Wenn nun aufgrund einer „Initiative“ der sehr geehrten tergram das Thema Hawking und Gott diskutiert wird, dann muss gefragt werden, von welchem Gott der Physiker eigentlich redet. Und wenn dann auf das Glaubensbekenntnis verwiesen wird, dann sollten wir uns schon fragen, wovon im Glaubensbekenntnis „geredet“ wird. Wenn wir das tun, wird klar, dass wir es mit einem Text zu tun haben, der sich bei gleichbleibendem Wortlaut - also ohne Veränderung des Textes - verändert hat. Es wird auch klar, dass die Frage nach Gott von Herrn Hawking nicht erledigt wird, sondern dass die Theologie Anlass hat, die Wirklichkeit - das heißt die neue Sicht der Wirklichkeit - theologisch zu betrachten. Es stellt sich dann die Frage: Wie können wir denn von Gott sprechen und wie können wir ihn bekennen? Und es stellt sich die Frage: Verstehen wir, was wir tun, wenn wir das Glaubensbekenntnis sprechen? Wissen wir, wie das Bekenntnis verstanden werden kann? Reicht unsere Privatvorstellung? Die Antwort darauf finden wir in der Fachliteratur. Diese Literatur ist nicht nur - wie Sie nach meinem Eindruck vermuten - ein heilloses Durcheinander. Beachten Sie bitte die Formulierung „nicht nur“. Anders gesagt: Es gibt schon ein gewisses Chaos. Manche Entwicklungen auf dem Gebiet der Theologie sind nicht mehr „zu vermitteln“. Ich habe irgendwann mal in dem alten Forum geschrieben, dass ein Lehrbuch der Systematischen Theologie so endet: „Offensichtlich trägt die gegenwärtige Theologie in ihrer komplexen Fülle mehr zur Desorientierung als zur Klärung bei.“
Ich habe gestern Morgen den Leipziger Gottesdienst für Amtsträger der Neuap. Kirche und ihre Frauen besucht. Stammapostel Dr. Leber hat auch über Glauben und das Glaubensbekenntnis gesprochen. Er hat es in einer liebevollen kindlichen Gläubigkeit getan. Man kann dem Glaubensbekenntnis auch so einen „Inhalt“ geben und dann auch gleich die sieben neuap. Sonderartikel bekennen. Aber was heißt das?
Vielleicht gibt die in diesem Forum geführte Diskussion Orientierungen über Hawking und über die NAK und überhaupt ...
Herzlichst
Ihr Cemper
Watson, alter Freund - vieles ist klar, doch noch viel mehr, viel, viel mehr ist noch unklar. Das mag eben auch für das Glaubensbekenntnis zutreffen, was ja eigentlich doch klar ist (zumindest sprachlich), aber eben auch einige Unklarheiten hervorruft, sobald man sich damit wirklich beschäftigt, also wenn man es mal mit Herz und Verstand inhaltlich betrachtet.
Nun, woran liegt dies?
Vielleicht daran, daß wir den ganzen Dingen, mit denen wir umgehen, gerne Namen geben, Begriffe, damit wir sie be-greifen können!? So ist es doch auch in Bezug auf das Große Geheimnis, Gott; gerade weil Er für uns wirklich und bedeutsam ist, geben wir Ihm einen Namen. Aber verbergen Namen, Begriffe oft nicht mehr die eigentliche Sache als daß sie uns helfen, diese klar zu erkennen?
In Bezug auf "Gott" denke ich, daß Er nur dann wirklich und bedeutsam für uns ist, wenn Er aus den Tiefen eigener Erfahrung quasi auftaucht, in unser Leben einfällt und es ausfüllt. Gott läßt sich eigentlich nur erfahren, nicht begreifen! Nur ... unsere Erfahrungen von Ihm müssen wir auf irgendeiner Weise konkretisieren; und dies geschieht durch Begriffe und Bilder. Und damit fangen die ganzen Probleme an, die eine Heerschar von Theologen und Prediger nicht bewältigen kann.
Alleine nur diese Fragestellungen genügen, um die Problematik etwas zu verdeutlichen:
Welches Gewicht sollen wir den Bildern beimessen?
Können wir auf Bilder verzichten?
In welch einem Verhältnis stehen die Bilder zur eigentlichen Sache, z. B. Gott?
Da freut sich doch das Debattierer-Herz, oder?
Für heute aber gute Nacht, es grüßt ebenso herzlichst ... Ihr Holmes