Bedenkenträger hat geschrieben:
....
Sie werden dann bislang nur nicht wirklich konkret, leider. Ich würde hier aber gerne mehr von Ihren Erfahrungen hören, die Sie gemacht haben, in dieser Sache bei unseren protestantischen Brüdern und Schwestern. Sie haben ja auch noch den Vergleich zur Neuapostolischen Kirche, als ehemaliges Mitglied.
Also, wo ist man bei den Protestanten letztlich ehrlicher als man es in der Neuapostolischen Kirche ist, wenn es um Problemerkennung und Problemklärung geht?
Wo und vor allem auch wie kann ein Ehrenamt in der Neuapostolischen Kirche besser gestaltet werden, vielleicht in Anlehnung an die protestantische Form?
....
Lieber Bedenkenträger,
hier meine zugegeben jungen Erfahrungen und Wahrnehmungen zum Ehrenamt in der Evangelischen Kirche und der Versuch einer Bewertung in Hinblick auf Möglichkeiten für die NAK.
Die Evangelische Kirche nimmt den aus der Eigeninitiative heraus angetriebenen Ehrenamtlichen inzwischen ernst (oder ernster als früher) und gibt diesem auch im Rahmen des Gottesdienstes die Möglichkeit sich einzubringen.
D.h. jemand möchte bei der Schriftlesung im Gottesdienst mitmachen, also hat er die Möglichkeit zu sagen, da möchte ich mitmachen. Und idR, wenn nicht Gravierendes dagegen spricht, macht man dann mit und ist in der Schriftlesegruppe.
Dazu bekommt man eine sehr fundierte und professionelle Anleitung (Schriftlesung an sich und kleine Auslegung zu/ Bedeutung der jeweiligen Schriftstellen – was man sich dann aber selbst ziehen und aneignen muss).
Das war nicht immer so. Hier in unserer Gemeinde weiss ich aus der Erzählung meiner Familie, dass der Pfarrer sich bis vor nicht allzu langer Zeit weigerte die Schriftlesung an Laien abzugeben.
Bei PrädikantInnen ist es so, dass Gemeinderat und Pfarrer geeignete Personen ansprechen sollen (theoretisch), aber praktisch ist es doch eher Eigeninitiative die ein Gemeindemitglied antreiben, an einem eineinhalbjährigen Kurs zum Prädikanten teilzunehmen. PrädikantInnen halten hier inzwischen 20% der Gottesdienste und haben durch Kurs, Betreuung eines Mentors während des Kurses (PfarrerIn, ParrerIn i.R., Prädikant/In) und Folgekurse eine fundierte und professionelle Vorbereitung für ihren Dienst.
Mit den PrädikantInnen ist es auch so, dass sich deren Akzeptanz erst entwickeln musste und noch muss. Die Not bzw. die Notwendigkeit zu Einsparungen bei den bezahlten Pfarrstellen hat PrädikantInnen in dieser umfassenden Form erst ermöglicht. Mit entsprechender Weiterbildung ist ihnen auch die Sakramentsverwaltung gestattet, was aber wohl weniger üblich ist.
Anmerkung 1:
PfarrerIn wird man ebenfalls nur aus der eigenen persönlichen Entscheidung. Und auch hier gibt es immer öfter die Möglichkeit des Seiteneinstiegs, was zunehmend wahrgenommen wird. Die Ausbildung bzw. das Studium dazu ist der Verantwortung dieser Aufgabe angemessen.
Anmerkung 2:
Mit ordinierten Frauen ist es nicht anders. Der Krieg, bzw. die Nachkriegszeit soll das wohl gerichtet haben.
Talar vorgesehen 1
Talar vorgesehen 2
Doch weiter.
Wer in der Jugendarbeit tätig werden möchte, der besucht entsprechende Kurse und Seminare.
Der Posaunenchor und der Kirchenchor sind "eigenständige" Vereine, die sich komplett selbst verwalten (natürlich in Abstimmung mit PfarrerIn und Gemeinderat).
So auch das CVJM (Jugendarbeit), etc. pp.
Sie stehen im Kontext der Kirche und der unmittelbaren Zugehörigkeit zur Kirchengemeinde und dadurch der Landeskirche, werden aber von den Gemeindemitgliedern selbst und direkt getragen.
Wer Dirigent/Chorleiter werden möchte, der macht entsprechende Kurse und Prüfungen. Danach bewirbt er sich auf freiwerdende/ausgeschriebene Chorleiterstellen (Nebenberuflich und/oder aus privatem Antrieb, aber eben fundiert ausgebildet. Oder auch als Nebenjob für einen beruflichen Musiker).
Da entstehen hier und dort „Neue Wege Chöre“ und Bands o.ä. und diese versuchen moderneres Liedgut in den Gottesdienst oder in neue Gottesdienstformen einzubringen. Das entsteht zum Einen durch übergeordnetes Vordenken, aber praktisch dann durch Eigeninitiative von Ehrenamtlichen vor Ort (oder eben auch nicht).
Da wird viel probiert und manches wieder verworfen, in den einen Gemeinden funktioniert es wunderbar in anderen weniger und in wieder anderen wird es abgelehnt.
So entsteht eine „ehrliche“ Vielfalt, ohne dass es ungeordnet oder chaotisch wäre. Und es entsteht ein gewisser Dialog mit den Mitgliedern, wo diese es möchten.
Es wird nichts als unumstösslich und sakrosankt geblockt, sondern es findet, nicht zuletzt auch im Kontext der gesellschaftlichen Entwicklung, auf allen Ebenen Diskussion, Bewegung und Entwicklung statt (Sicher auch Fehlentwicklung, die später u.U. korrigiert werden muss).
Das ist meine erste und subjektive Wahrnehmung, ohne dass ich Anspruch auf Vollständigkeit oder korrekte Beschreibung erhebe.
Die NAK ist aus meiner Sicht dazu auf Grund des Selbstverständnisses der Kirchenleitung und der Mitglieder schlicht nicht in der Lage.
Vielfalt, Unterschiedlichkeit, Eigenbestimmung, Selbstverwaltung in Vereinen (inkl. Positionen und Finanzen), Stellenausschreibung für Dirigenten, Sich um eine Aufgabe mühen/bewerben, neue Formen und Wege an der Basis in der Diskussion mit dem Pfarrer und der Gemeinde wagen – das alles und viel mehr wäre für ein NAK-Mitglied (egal ob oben oder unten in der Hierarchie) Chaos, Untergang, Unglaube, Lauheit – kurz Laodikeia.
Daher schliesse ich inzwischen die Reformfähigkeit der NAK in diesem Sinn und ein "Lernen von den anderen Kirchen" nahezu aus, wenn nicht eine konsequente Neuausrichtung stattfindet und alles, wirklich alles neu aufgestellt wird.
Kosmetik (z.B. Gemeindegremium) wird nichts helfen,
kleine Schritte (z.B. ACK-Gastmitgliedschaften auf Gemeindeebene) werden scheitern
und
Visionen (wie z.B. die Vision 2010/2014 von Klingler), die nicht zu Konsequenzen bereit sind, werden als Seifenblasen im Licht der Sonne platzen.
Ich trete denen bewusst entgegen, die in gutem Glauben meinen, dass sie mit kleinen Schritten vor Ort die Dinge ändern und bewegen könnten ohne das Ganze im Blick zu haben.
Das System lässt dies nur bis zu einem gewissen, minimalen, unscheinbaren und völlig wirkungslosen Grad zu. Alles was eine gewisse Grenze überschreitet und den
Anschein erweckt, dass es Konsequenzen fordern
könnte, wird kompromisslos eliminiert. Entweder geht das als verantwortlich ausgemachte Subjekt „freiwillig“ (gerne auch in die innere Emigration) oder es wird ausgeschieden.
Zugegeben, selbst eine konsequente Neuausrichtung in der Lehre und in der Organisation bergen ein immenses Risiko des vollständigen Auseinanderbrechens in sich, aber ich sehe für die NAK in Europa keine Alternative dazu.