tergram hat geschrieben:Er ist kein Revolutionär, kein Martin Luther. Die das erwarten, werden wohl enttäuscht werden.
Hans Zollner, Vizerektor der Jesuiten-Uni Gregoriana in Rom im Interview mit "ZEIT ONLINE": "
Einigen, die jetzt jubeln, werden manche Ansichten oder Züge an ihm überhaupt nicht schmecken."
Mir z.B. schmeckt so manches an Franziskus nicht, z.B. wenn er sagt "
Doch es gibt auch noch eine andere Armut! Es ist die geistliche Armut unserer Tage, die ganz ernstlich auch die Länder betrifft, die als die reichsten gelten. Es ist das, was mein Vorgänger, der liebe und verehrte Benedikt XVI., „Diktatur des Relativismus“ nennt und was jeden sein eigener Maßstab sein lässt und so das Zusammenleben unter den Menschen gefährdet. [...] Aber es gibt keinen wahren Frieden ohne Wahrheit! [...] Grundlegend in diesem Werk ist auch die Rolle der Religion. Man kann nämlich keine Brücken zwischen den Menschen bauen, wenn man Gott vergisst. " (Rede des Papstes am 22.3. an das Diplomatische Corps).
So was, gerade auch die Bezugnahme auf Benedikts „Diktatur des Relativismus“ relativiert so manches hinsichtlich der (gespielten?) Toleranz und der Positionen von Franziskus, genauso wie solche Lügen in dieser gleichen Rede: "
Das ist es ja, was dem Heiligen Stuhl am Herzen liegt: das Wohl eines jeden Menschen auf dieser Erde! [...] Nach dem Beispiel des heiligen Franziskus von Assisi hat die Kirche immer versucht, sich in jedem Winkel der Erde um die Notleidenden zu kümmern, sie zu behüten ... Ich meine, es gibt genügend Beispiele dafür, dass Kirche eben genau das nicht interessierte, dass sie es nicht getan hat, auch nicht in Argentinien zur Zeit Bergoglios in einflussreicher Kirchenfunktion.
Man vergesse nie, dass dieser Bergoglio ein Kirchenmann ist, der nicht nur in diesem System gross und von ihm geprägt worden ist, sondern der darin auch viele Jahre weit mehr als ein unbedeutendes Rädchen war, nicht nur in Argentinien. Und wer da meint, dass nun ein Jesuit den Thron bestiegen habe, der irrt sich wohl schon wieder. Ich habe den Eindruck, dass ihn die Jesuiten nicht wirklich als einen der ihren betrachten, nicht nur wegen seiner Vergangenheit, sondern auch seiner Machtansprüche wegen, die er trotz aller vorgeblichen Bescheidenheit auszuleben scheint. Der Mann scheint ein sehr guter Verpackungskünstler zu sein.
Aber warten wir doch einfach ab, bis sich für alle der rosarote Staub gesenkt hat und von Bergoglio gefordert ist, Nägel mit Köpfen zu machen. Solche Nägel müssen bei einem Papst unheimlich viel mehr sein, als nur in der Kantine des Gästehauses zu speisen, Leute auf der Strasse zu umarmen oder sonst gegen die eine oder andere Konvention des Vatikans zu verstossen. In dem Sinne unkonventionell war er schon als Bischof/Kardinal, ist also nichts Neues. Auf das Neue warten wir noch.
tergram hat geschrieben:Aber er ist so herrlich unaufgeregt, uneitel und bodenständig. Das macht ihn sympathisch. Nicht mehr, Nicht weniger.
Ich meine, man sollte bei aller Sympathie Bergoglio gut zuhören oder "zulesen", auch zwischen den Zeilen, bevor man in Jubel ausbricht. Vielleicht ist es dann so wie bei mir mit der Sympathie auch nicht mehr weit her?