Ich denke, dass das Kirchenmitglied in früheren Jahren kaum darüber informiert war, was hinter den Kulissen der Kirchenführung lief; in dieser Beziehung hat jedes Kirchenmitglied heute aufgrund der vielfältigen Veröffentlichungen im Internet hervorragende Möglichkeiten der Informationsbeschaffung - und es hat damit erstmals umfassenderes geeignetes Material für eine spezifische Bewertung der Kirche insgesamt. Ich könnte mir vorstellen, dass so manches Geschwist, auch solches im Amt, früher anders gehandelt hätte als tatsächlich geschehen, wäre es damals in dem Masse wie heute informiert gewesen über die Geschehnisse auf oberster und mittlerer Ebene der Kirchenleitung. Mir ist es so gegangen: es sind mir im Laufe der letzten Jahrzehnte immer mehr die Augen aufgegangen über dieses und jenes in der Kirche. Und wenn ich auf mein eigenes früheres Handeln zurückschaue, dann wäre mir wohl, ich könnte davon einiges rückgängig machen - was ich heute angesichts meiner erweiterten Kenntnislage als falsch, wenn nicht gar als unverantwortbar einzuschätzen habe. Klar - ich hatte es auch immer 'gut' gemeint gegenüber dem einzelnen Geschwist, niemals war es meine Absicht, auch nur einem Bruder oder einer Schwester Schaden, Schmerz oder sonstiges Übles zuzufügen. Natürlich ist heute rückblickend nicht alles in der Kirche Geschehene negativ zu werten. Aber ein wesentlicher Anteil von meiner früheren 'Arbeit' ist, um es mal ganz deutlich auszudrücken, als menschlicher Kram einzustufen, meistens kolportiert, jedenfalls hat es von meiner Seite aus, weil so kirchlich erzogen und mir auch die Kriterien für eine sorgsame eigene Überprüfung nicht zugänglich waren, solch kritisches Abklopfen der Dinge im Vorlauf meines Redens und Handelns nicht gegeben. Als mir so mit und mit die Lichter aufgegangen sind, habe ich meinen 'Dienst' von früher in stillen Stunden Revue passieren lassen, nicht nur einmal habe ich mir dabei gesagt: 'Ach, hätte ich doch seinerzeit mehr über diese Kirche gewußt und hätte ich doch dann entsprechend nicht oder anders gehandelt.' Nein, damals ging es doch fast immer stur nach vorgegebener Weisung in der Meinung: so ist es doch durch den Herrn und seine Apostel gewollt und daher 'segensreich'. Welch ein Irrtum! (Sag ich heute!)
Com.
Möge das neue Jahr seelisch weiterbringen ...
Re: Möge das neue Jahr seelisch weiterbringen ...
Johannes:
... und das unmittelbar im Anschluss an das Zerbersten aller autoritären Führungsideen und Gehorsamsmuster im Weltenbrand eines unsäglichen Krieges, der dem letzten der letzten schwarzpädagogischen Muntermacher doch klar gemacht haben sollte, an welchem eigentlichen Virus das Tausendjährige Reich ursächlich eingegangen war.
Comment:
Worauf ich hinaus will: Es gab selbst zu Bischoffs Zeiten Möglichkeiten, sich Informationen zu besorgen und diese unter der Hand zu verbreiten. Es ist nicht immer die Frage der mangelnden Information - wiewohl auch dies zutrifft -, sondern der mangelnden Zivilcourage und kritischen Analysefähigkeit. Lesen Sie mal Textanalysen von Oberstufenschülern oder Germanistikstudenten und Sie wissen, wovon ich rede ...
Erschreckend vor allem, wenn man bedenkt, dass innerhalb der NAK mit den gleichen Methoden gearbeitet wurde wie im ehemaligen Führerstaat ...Ja, das war eben das Problem, dass der Verstand ausgeschaltet werden sollte. Und viele haben sich nicht einmal erlaubt, nachzudenken, ob das, was sie machen, richtig ist. Sie haben blind gehorcht.....
Die Parallelen zu Diktaturen sind erschreckend
... und das unmittelbar im Anschluss an das Zerbersten aller autoritären Führungsideen und Gehorsamsmuster im Weltenbrand eines unsäglichen Krieges, der dem letzten der letzten schwarzpädagogischen Muntermacher doch klar gemacht haben sollte, an welchem eigentlichen Virus das Tausendjährige Reich ursächlich eingegangen war.
Comment:
Das ist schon richtig. Aber ist es auch richtig, Information immer und ausschließlich als Bringschuld derer zu betrachten, welche sich die Herrschaft darüber unter den Nagel gerissen haben? Der gegenteiligen Lebensbeispiele gibt es genügend: Allg. Versicherungs- oder Vertragsbedingungen, politische Information, Börseninformationen für Leute, die mit Wertpapieren handeln wollen, Schulordnungen, Rechtsvorschriften usw., usw. - im Gerichtsfall werden diese allesamt als Holschuld betrachtet.Ich denke, dass das Kirchenmitglied in früheren Jahren kaum darüber informiert war, was hinter den Kulissen der Kirchenführung lief;
Worauf ich hinaus will: Es gab selbst zu Bischoffs Zeiten Möglichkeiten, sich Informationen zu besorgen und diese unter der Hand zu verbreiten. Es ist nicht immer die Frage der mangelnden Information - wiewohl auch dies zutrifft -, sondern der mangelnden Zivilcourage und kritischen Analysefähigkeit. Lesen Sie mal Textanalysen von Oberstufenschülern oder Germanistikstudenten und Sie wissen, wovon ich rede ...

Re: Möge das neue Jahr seelisch weiterbringen ...
Werter R/S, kann es sein, dass in Ihrem wunderschönen Satz statt "indirekt" vielleicht besser "diametral" stünde...? - Fragt Sie - nur damit ich wirklich verstehe, was Sie damit sagen wollen -Der Intensitätsgrad religiöser Überzeugungen ist meist indirekt proportional zum Intensitätsgrad der dazu gehörigen vorauslaufenden Forschungen …
emil
Re: Möge das neue Jahr seelisch weiterbringen ...
Werter R/S
Zur 'Bringschuld': ich bin fern davon, einem Dritten eine Bringschuld anzulasten hinsichtlich der Information über Dinge, die er lieber unter dem Teppich hält. Fakt ist doch, dass es früher leichter war, etwas Geschehenes weitgehend verdeckt zu halten. In meinem Umfeld gab es in den damaligen Jahren weder Personen, die das allgemeine kirchliche Geschehen in irgend einer Weise kritisch angesehen haben, noch solche Personen, die an offensichtlichen fragwürdigen Praktiken der Kirche erkennbar nahe dran waren, und es gab auch keine, die einen Verdacht verlauten liessen , dass da in der Kirche etwas geschehe, was ...
Ich will sagen, offensichtlich war es der Kirche gelungen, jedenfalls in der Region, in welcher ich sie erlebte, fragwürdiges Tun und Handeln ihrer Leitungskräfte vor den Kirchenmitgliedern zu verbergen. Es mag woanders anders gewesen sein. Das will ich nicht generell infrage stellen. Andererseits: ich will mich hier nicht entschuldigen, und ich vergebe mir nichts dabei, wenn ich von mir selber sage, dass ich evtl. zu gutgläubig oder von mir auch aus zu blöd war, einfach mal drauflos zu recherchieren ...
Wie immer Sie mich (und auch andere Menschen mit vergleichbarer Erlebniswelt) einschätzen, werter R/S, es ändert nichts an den seinerzeitigen Abläufen.
Com.
Zur 'Bringschuld': ich bin fern davon, einem Dritten eine Bringschuld anzulasten hinsichtlich der Information über Dinge, die er lieber unter dem Teppich hält. Fakt ist doch, dass es früher leichter war, etwas Geschehenes weitgehend verdeckt zu halten. In meinem Umfeld gab es in den damaligen Jahren weder Personen, die das allgemeine kirchliche Geschehen in irgend einer Weise kritisch angesehen haben, noch solche Personen, die an offensichtlichen fragwürdigen Praktiken der Kirche erkennbar nahe dran waren, und es gab auch keine, die einen Verdacht verlauten liessen , dass da in der Kirche etwas geschehe, was ...
Ich will sagen, offensichtlich war es der Kirche gelungen, jedenfalls in der Region, in welcher ich sie erlebte, fragwürdiges Tun und Handeln ihrer Leitungskräfte vor den Kirchenmitgliedern zu verbergen. Es mag woanders anders gewesen sein. Das will ich nicht generell infrage stellen. Andererseits: ich will mich hier nicht entschuldigen, und ich vergebe mir nichts dabei, wenn ich von mir selber sage, dass ich evtl. zu gutgläubig oder von mir auch aus zu blöd war, einfach mal drauflos zu recherchieren ...
Wie immer Sie mich (und auch andere Menschen mit vergleichbarer Erlebniswelt) einschätzen, werter R/S, es ändert nichts an den seinerzeitigen Abläufen.

Com.
Re: Möge das neue Jahr seelisch weiterbringen ...
Nein. Diametral proportional macht keinen Sinn. Entweder "diametral entgegengesetzt" oder "indirekt proportional". Letzteres erscheint mir 'humoristisch-intelligenter', wenn Sie wissen, was ich meine ...Zitat:
Der Intensitätsgrad religiöser Überzeugungen ist meist indirekt proportional zum Intensitätsgrad der dazu gehörigen vorauslaufenden Forschungen …
Werter R/S, kann es sein, dass in Ihrem wunderschönen Satz statt "indirekt" vielleicht besser "diametral" stünde...? - Fragt Sie - nur damit ich wirklich verstehe, was Sie damit sagen wollen -

Comment:
Auch da haben Sie natürlich recht Comment. Aber woran lag dieses 'leichter' denn? Doch auch daran, dass erst gar niemand unbequeme Fragen stellte, geschweige denn nachbohrte und den Herren in Schwarz das Gefühl gab: die da unten lassen nicht alles mit sich machen. Jede Lehrkraft, vor allem in der Hochschul- und Erwachsenenbildung, wird ihnen dieses notwendige Korrektiv bestätigen.Fakt ist doch, dass es früher leichter war, etwas Geschehenes weitgehend verdeckt zu halten.
Dazu gehört auch das Abrücken von der Amtsglorifizierung. Da ist R. Fehr im Zusammenhang mit den endgottesdienstlichen Lubhudeleien ja auch nicht selber draufgekommen, sondern es musste m.W. von unten angestoßen werden. Diese Amtsglorifizierung und damit einhergehend Amtstabuisierung hat ja Ursachen und diese gilt es ebenfalls in den korrigierenden Augenschein zu nehmen:
Der Konfessionskundler Kurt Hutten gibt bezügl. der geradezu krankhaften Glorifizierung des (Stamm-)Apostelamts auch den Gläubigen eine nicht geringe Mitschuld. "Die eigentlichen Gründe" liegen seiner Ansicht nach "in dem Bedürfnis der Gläubigen nach immer mächtigeren Garantien durch eine immer höhere Amtsautorität. Dieses Bedürfnis hat die Vollmachten des (Stamm-)Apostelamtes unentwegt gesteigert, jede geistliche Selbstüberhöhung [...] freudig bejaht und sie bis in die Nähe des Thrones Gottes erhoben. Je mächtiger das Amt ist, desto ruhiger kann man sich in seinem Schutz bergen. Dieser Trend zieht sich wie ein roter Faden durch die ganze Geschichte der neuapostolischen Gemeinschaft."
(K. Hutten, "Grübler, Seher, Enthusiasten", Stuttgart 1997, S. 480)
Ich denke, Hutten sieht hier klarer als die meisten Neuapostolischen. Deren - natürlich vom Apostelamt über die Amtskasten kaskadenhaft weitergegebene - Glorifizierungssucht, die Sucht nach Absolutheit, absoluter Geborgenheit und Garantiefähigkeit, absoluter Verlässlichkeit in einer immer weniger verlässlichen Lebens- und Glaubensumwelt, usw. haben dazu geführt, dass das Amt und alles, was es hervorbrachte, unantastbar wurden. Diese Mystifikation gilt es kritisch zu hinterfragen und Alternativen aufzuzeigen. Dann verschwindet auch die Großmannssucht der Apostel.
Re: Möge das neue Jahr seelisch weiterbringen ...
Passend zum Thema dieses Gedankenaustauschs hat Shalom mittels Link wiedermal die Voraussetzungen für echtes und damit einzig mögliches Neuapostolischsein in Erinnerung gerufen:
http://www.glaubenskultur.de/artikel-802.html (mit herzlichem Dank an den unermüdlichen Arbeiter im Weinberg des Herrn ...
Entgegen aller üblichen Meinung sind die dort genannten vier Kernmerkmale des Neuapostolischseins nicht nur verbindlich für Amts- und Funktionsträger, sondern im Grunde genommen für alle Mitglieder. Denn seien wir ehrlich - welchen Sinn hätte eine Mitgliedschaft in einer derart restriktiven Gemeinschaft, wenn schon von vorne herein jede Aussicht auf den Lohn alles Erduldens und Entbehrens gestrichen wäre ...?!
Auch das ist ein hochgradig überdenkenswerter Punkt, der darüber entscheiden kann, ob wir - jedes Einzelne - seelisch weiterkommen wird oder im Sumpf von Tradition und heiliger Gutmeinung verharrt.
http://www.glaubenskultur.de/artikel-802.html (mit herzlichem Dank an den unermüdlichen Arbeiter im Weinberg des Herrn ...

Entgegen aller üblichen Meinung sind die dort genannten vier Kernmerkmale des Neuapostolischseins nicht nur verbindlich für Amts- und Funktionsträger, sondern im Grunde genommen für alle Mitglieder. Denn seien wir ehrlich - welchen Sinn hätte eine Mitgliedschaft in einer derart restriktiven Gemeinschaft, wenn schon von vorne herein jede Aussicht auf den Lohn alles Erduldens und Entbehrens gestrichen wäre ...?!
Auch das ist ein hochgradig überdenkenswerter Punkt, der darüber entscheiden kann, ob wir - jedes Einzelne - seelisch weiterkommen wird oder im Sumpf von Tradition und heiliger Gutmeinung verharrt.