#99
Beitrag
von Comment » 10.07.2014, 21:24
minna,
ich kann nicht erkennen, inwiefern die Situation in der katholischen Kirche herangezogen werden könnte, um auf NAK-Seite Problemfelder deutlich zu machen. Ich sehe da kaum vergleichbare Erscheinungen. Ich habe eher den Eindruck, dass die jüngere im Bereich der Christen heranwachsende Generation generell Kirchen oder Religionen nicht die Bedeutung beimißt wie die Älteren. Von solcher Entwicklung ist keine christliche Kirche ausgenommen, eben auch die NAK nicht. Der festzustellende Verfall religiöser Werte in der Anschauung jüngerer Menschen hat m.E. seine Ursachen in der Prioritätensetzung unserer Gesellschaft: es gilt, um in dieser Welt (Gesellschaft) bestehen oder gar überleben zu können, klug, vielleicht auch verschlagen, durchsetzungsfähig, vielleicht auch rücksichtslos zu sein, auf Beschaffung von Gütern und Geld sich zu konzentrieren, seine Ressourcen zur Erlangung von Ansehen und Macht einzusetzen - da ist Kirche mehr im Weg, denn fördernd, weil die Richtung von Religion zum fernen Himmel in noch fernerer Zukunft weisen will, weil Religion letztendlich Erlangung von Befriedigung oder eines wunderbares Lebens in eine künftige, heute kaum fassbare sog. neue Welt verlegt, von welche schon wer weiß wie lange gepredigt wird, die aber noch nicht einmal in Ansätzen weder in der Erscheinung der Kirchen selbst recht (be-)greifbar wird noch sonst wie realistisch am geistigen Horizont aufleuchtet. Die Ziele der Religion mögen ja noch 'schön' sein, aber sie haben so wenig etwas mit dem realen Leben zu tun wie Science-Fictions; Religion ist allenfalls etwas für alte Leute, die dabei sind, Abschied von der Welt zu nehmen, nicht aber für Menschen, die das Leben vor sich haben und sich angesichts der begrenzten Mengen von Geld und Macht sich zu mühen haben, um den Idealen näher zu kommen, die in der Gesellschaft hofiert sind und neben einem begehrenswerten Leben auf der Erde auch Ehre und Ansehen unter den Mitmenschen gewährleisten. Ich meine, so oder ungefähr so haben die gesellschaftlichen Verhältnisse, getrieben von einer nimmersatten Wirtschaft, die jungen Menschen in den Griff genommen - von sicher auch vorhandenen Ausnahmen abgesehen.
Speziell in der neuapostolischen Kirche ist eine Spannung zwischen Frommsein einerseits und private Anteilhabe an wirtschaftlichen Erfolgen andererseits in den Familien fast allseits sichtbar; wo die Balance familiär noch einigermaßen klappt, liegt es zumeist an den älteren noch traditionell dem Glauben verhafteten Männern und Frauen, doch die Kinder scheinen diese Spannung mehr und mehr nicht ertragen zu können. Zu sehr haben schon die Vorfahren, von den Urgroßeltern angefangen und fortgesetzt über die Großeltern und Eltern auf die Predigten vom bevorstehenden göttliche Finale gesetzt, noch immer ist aber trotz tiefen Glaubens an die Apostel-Zusagen nichts, aber auch gar nichts geschehen auf dem Gebiet; das bleibt nicht verborgen, ist doch klar, und die Jugend sieht, dass die religiösen Anstrengungen sozusagen unbelohnt geblieben sind; man sollte, nimmt man NAK-Predigten ernst, von einer heute mehr denn je glänzenden Braut ausgehen, findet sie aber überhaupt nicht in jener gewünschten Reife, was auch die Predigtinhalte von heute belegen. Denn noch immer wird gepredigt, du sollst ..., du mußt ..., es ist quasi noch so in der Seelenbereitung wie am Anfang der Kirche, und es wird wie vor mehr als anderthalb Jahrhundert immer noch gebetet 'Herr, komme bald' und noch immer täglich gewartet und gewartet; und die Jugend sieht auf sich zukommen, hier weiter das zu tun, was insoweit die Urgroßeltern, die Großeltern, die Eltern schon immer und ohne Erreichen dieses Ziels taten. Ich denke, ein Großteil der jungen Neuapostolischen will damit nicht seine Zeit verbringen und seine Zukunft sozusagen 'verschlafen' wollen.
Es lässt sich ja leicht feststellen, was überhaupt noch zieht, um Jugendliche unter dem Dach der Kirche zu halten. Das haben die NAK-Apostel auch längst erkannt, und so versuchen sie den Spagat zwischen den kaum kompatiblen Punkten 'Naherwartung' (das Kommen des Herrn steht täglich bevor) und 'Lust am Leben auf dieser Erde, am Event, an Tanz und Spiel hinzubekommen. Doch das gelingt bekanntlich nur bei Großveranstaltungen, dort umso heftiger, besonders der letzte Punkt, doch von solchen Rumba-Humba-Veranstaltungen nach Hause in die Ortsgemeinde zurückgekehrt, wo im wesentlich noch Grauköpfe die Kirchenbänke besetzten, fängt dann wieder die Tristesse an: beten nichts als beten, 'Herr, komme bald' usw.usf. - darauf hat Jugend keinen Bock.
Ich glaube, hiermit die Gründe aufgezeichnet zu haben, warum generell immer weniger jüngere Menschen in die Kirchen kommen, und warum speziell auch die neuapostolischen Gemeinden Jugendliche verlieren. Ausdrücklich sei festgestellt: es gibt natürlich Ausnahmen, doch auch die werden stetig weniger.
FG
Com.