Brombär hat geschrieben:Auch knüpfte er an, an die im Judentum übliche Konzentration der Tora auf das Doppelgebot der Gottes- und Nächstenliebe. Indem er die Nächstenliebe dem ersten Gebot gleichstellte, gab er ihr Vorrang vor allen Einzelgeboten.
Das ist aus meiner Sicht der wichtigste Aspekt aller Auslegungsarbeit. Der Mensch steht im Mittelpunkt. Der Mensch ist nicht für den Sabbath da, sondern der Sabbath für den Menschen. Es geht um zwei Seiten derselben Münze. Gottes- und Nächstenliebe sind eins. Wobei man Liebe nicht im herkömmlichen Sinne als emotionale Kategorie, als Zuneigung verstehen sollte, sondern lediglich als gleichberechtigen
"guten Umgang." Wenn man diesen Gedanken anhand einschlägiger Gleichnisse und Beispiele überprüft, kehrt sich das Evangelium vom Kopf auf die Füsse. Das zentrale Anliegen ist nicht, den Menschen mit Gott zu versöhnen, sondern mit sich selbst. Daraus ergibt sich alles andere. Gott regelt seine Dinge alleine. Ohne unser Zutun und ohne Bevollmächtigte. Ohne Opfer. Ohne Brimborium. Ich habe in diesem Forum schon mehrfach das Gleichnis vom Schalksknecht (Matth. 18) zitiert. Für mich eine der wichtigsten Aussagen. Gott bereinigt die Schuld von sich aus. Voraussetzungs- und bedingungslos. Der Mensch hat dagegen die Aufgabe, sich um den Menschen zu kümmern. Tut er dies, ist auch sein Verhältnis zu Gott o.k. Tut er dies nicht (s. Schalksknecht), gerät auch das Verhältnis zu Gott aus den Fugen. Es hängt letztlich alles daran, wie wir miteinander umgehen. Aber bitte nicht
"im Geist", sondern konkret. Auge in Auge. Denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, wie kann er Gott lieben, den er nicht sieht? (1. Joh. 4, 20).