Stephen Hawking: Kein Gott für das Universum nötig

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Tatyana

Re: Stephen Hawking: Kein Gott für das Universum nötig

#41 Beitrag von Tatyana » 06.09.2010, 16:57

Lieber Micha,
da bist du weiter als ich, ich muss meinen Gott auch denken können. Ich hoffe, er versteht und verzeiht :wink: . Vielleicht bin ich irgendwann so weit gereift, dass ich das nicht mehr nötig habe.

Cemper

Re: Stephen Hawking: Kein Gott für das Universum nötig

#42 Beitrag von Cemper » 06.09.2010, 22:45

Tatyana - Sie "müssen" Ihren Gott denken können? Wer zwingt Sie dazu? Und: Sie schreiben an Micha: „... meinen Gott“. Ist Ihr Gott ein anderer Gott als Michas Gott? Und schließlich: Was heißt das eigentlich: Gott denken? Kann man Gott denken? Ich stelle mir gerade vor, das christliche Glaubensbekenntnis wäre ein Denkbekenntnis oder besser eine Denkerklärung - oder vielleicht eine Offenbarungseiderklärung. Es hieße dann nicht: „Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde ... Ich glaube an den Heiligen Geist ...“

Es hieße dann: Ich denke Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde ...“

Der Mensch denkt Gott. Na, toll. Zwingt man Gott - wenn man ihn denkt - in die Beschränktheit des eigenen oder allgemeiner gesagt des menschlichen Denkvermögens?

Die Theologin Sölle wollte Gott auch denken: KLICK

Tatyana

Re: Stephen Hawking: Kein Gott für das Universum nötig

#43 Beitrag von Tatyana » 07.09.2010, 08:02

Ich mich selbst :wink: . So quasi. Ich habe für mich Probleme, an etwas zu glauben, das ich nicht einmal ansatzweise zu denken imstande bin. Also bastle ich mir meinen ganz persönlichen Gott (auch) als Gedankenkonstrukt zusammen. Wohl wissend, dass Gott schlussendlich nicht gedacht werden kann. Ein anderer mag seinen persönlcihen Gott lieber "nur" nebulös glauben und gar nicht denken. Das sei jedem unbenommen.

Ob mein Gott ein anderer Gott ist als Michas Gott? Aber klar doch. Ich bin der festen Ansicht, dass keine zwei Menschen wirklich genau den gleichen Gott haben. Da ihre Vorstellungen von Gott mindestens minimal voneinander abweichen. Ob das alles der gleiche Gott ist, von dem sich jeder nur ein anderes Bild macht, das zusammengesetzt vielleicht ein vollständiges ergeben würde, weiß ich nicht, das mag sein. Vielleicht gibt es Gott aber tatsächlich nur als abstrakte Vorstellung vom Unerklärlichen. Und diese Krücke bastelt sich tatsächlich jeder selber nach seinen ganz eigenen Vorstellungen, Ängsten, Wünschen und Bedürfnissen.

Gaby

Re: Stephen Hawking: Kein Gott für das Universum nötig

#44 Beitrag von Gaby » 07.09.2010, 08:24

Werter Cemper,

Maximin schrieb auf der vorigen Seite ...

>>Was meinte eigentlich Rainer Maria Rilke mit seinem erstaunlichen Bekenntnis: „ Alle, welche dich suchen, versuchen dich. Und die, so dich finden, binden dich an Bild und Gebärde. Ich aber will dich begreifen wie dich die Erde begreift; mit meinem Reifen reift dein Reich. Ich will von dir keine Eitelkeit, die dich beweist…?“

Hofft und vertraut der nicht seinem eigenen Reifungsprozess? Einen Reifungsprozess, den er für möglich hält? Wenn denn das so ist, wer will sich dann erdreisten, jedem seinen eigenen Reifungsprozess abzusprechen?<<


Gott "denken" heißt soviel wie sich versuchen vorzustellen wie Gott sein könnte, zu versuchen ihn zu begreifen ... versuchen das nicht die meisten Menschen die glauben? Zumindest am Anfang des Glaubenslebens?

Ich verstehe die Aussage sich "Gott denken" so, dass man, wenn man sich Gott "denkt" mit Gott eine Verbindung eingeht, nach seinen derzeitigen Erfahrungen, die man in seinem Glaubensleben gesammelt hat.

Haben Sie schon immer so geglaubt wie sie jetzt glauben? Oder war Ihr Glaube Bewegung, hat sich mit den Jahren so entwickelt, wie er heute ist?
Ist Ihnen Ihr Glaube wie er heute ist in "den Schoß" gefallen? Oder gab es auch bei Ihnen eine Art "Reifungsprozess"?

>>Der Mensch denkt Gott. Na, toll. Zwingt man Gott - wenn man ihn denkt - in die Beschränktheit des eigenen oder allgemeiner gesagt des menschlichen Denkvermögens?<<

Sie schreiben selbst, der Mensch ist beschränkt in seinem Denkvermögen und nur innerhalb seines Denkvermögens ist er in der Lage Gott zu "be"greifen, deshalb geht es im Glauben wohl eher darum, Gott zu "er"greifen bzw. glaube ich, es geht darum sich von Gott "er"greifen zu lassen und dann seine Erfahrungen damit zu sammeln. Nur warum sollte Gott durch das beschränkte Denken der Menschen beschränkt werden?
Steht in der Bibel nicht, dass Gott sich auf uns zubewegt? Obwohl wir so beschränkt sind? Warum sonst kann der Glaube Menschen um 180° verändern?

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Andreas Ponto
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Re: Stephen Hawking: Kein Gott für das Universum nötig

#45 Beitrag von Andreas Ponto » 07.09.2010, 14:59

Spekulation/Vision?:

Wo die Wissenschaft sehr viel Einfluss auf Glaube und Religion haben wird, ist die Tatsache, bzw. extrem hohe Wahrscheinlichkeit, dass man ausserhalb dieses blauen Planeten lebenswerte Planeten finden wird.

Damit wird dann die Frage nach weiteren belebten Planeten immer näher an uns heranrücken.
Schliesslich wird man die Existenz höherentwickelter und hoher Lebensformen finden/nachweissen.

Sollte das geschehen und die Religionen unvorbereitet treffen, dann wird das für diese extreme Folgen haben.

Insofern darf und kann sich die Theologie der Wissenschaft nicht verschliessen. Sie muss deren gesicherten Erkenntnisse aktiv in das eigene Lehrgebäude mit einbeziehen. Wo dies nicht geschieht, wird der Mensch sich ihrer entledigen.

In ähnlicher Form erleben wir das heute an der Institution Kirche, die nicht bereit ist sich den Lebensgegebenheiten ihrer Gläubigen zu stellen und darauf lebensfähige Antworten zu finden.

_

Re: Stephen Hawking: Kein Gott für das Universum nötig

#46 Beitrag von _ » 07.09.2010, 15:45

diese frage stellt sich ja auch, was lebewesen in paralleluniversen anbetrifft. :wink:

Cemper

Re: Stephen Hawking: Kein Gott für das Universum nötig

#47 Beitrag von Cemper » 07.09.2010, 15:54

@ centaurea -

ich kann nicht erkennen, was Sie in Ihrem Eintrag oben sagen wollen. Irgendwas stimmt da nicht. Ansonsten: Sie schreiben: "... (wir) erleben das heute an der Institution Kirche, die nicht bereit ist sich den Lebensgegebenheiten ihrer Gläubigen zu stellen und darauf lebensfähige Antworten zu finden." Die Gläubigen sind doch die Kirche - wer soll sich dann wem stellen? Oder ist Kirche das, was übrig bleibt, wenn die Gläubigen "weg sind"?

@ Gaby und Tatyana -

nur kurz: "Gott denken" ist wesentlich der Versuch, den Glauben an Gott "zu denken" - und damit kommen wir in die Theologie, die - wie ich schon einige Male in diesem Forum angedeutet habe - der Versuch ist, den Glauben an Gott als die alles bestimmende Wirklichkeit denkend zu entfalten. Der Satz klingt kompliziert und wird vielleicht nicht sofort "klar". Man sollte ihn einige Zeit sozusagen anschauen und auf sich wirken lassen. Vielleicht bekommen dann die Begriffe Glauben, Gott, Wirklichkeit und Denken Konturen, in denen wir uns erkennen - und dann wächst vielleicht die Bereitschaft oder gar die Lust, das nachzudenken, was andere vor uns schon gedacht haben: nachzudenken, wie andere im Verlauf von Jahrhunderten Gott gedacht haben. Wir können das anhand biblischer Texte tun. Sie sind ja Dokumente des Versuchs, Gott zu denken. Wir können das anhand theologischer Literatur tun.

Sinnvoll wäre - beispielsweise - die Arbeit mit einem Buch von Kruhöffer: Grundlinien des Glaubens. Ein biblisch-theologischer Leitfaden. - Der Autor ist am RPI Loccum tätig. In dem Buch werden ausgehend von den biblischen Grundlagen in verständlicher Art und Weise die klassischen dogmatischen Themen entwickelt. Es werden Antworten zur Gotteslehre, Schöpfungslehre, Sündenlehre, zur Christologie und Anthropologie, zur Pneumatologie, Ekklesiologie und Eschatologie geboten.

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Loreley 61
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Re: Stephen Hawking: Kein Gott für das Universum nötig

#48 Beitrag von Loreley 61 » 07.09.2010, 20:53

@Cemper, lassen Sie folgendes mal auf sich wirken - so denkt ein lieber Freund von mir ebenfalls. Können Sie Bonhoeffer und Ayer zustimmen?

Gott gibt uns zu wissen, dass wir leben müssen als solche,
die mit dem Leben ohne Gott fertig werden.
Der Gott, der mit uns ist, ist der Gott, der uns verlässt (Mk 15,34).
Der Gott, der uns in der Welt leben lässt ohne die Arbeitshypothese Gott,
ist der Gott, vor dem wir dauernd stehen.
Vor und mit Gott leben wir ohne Gott.

Dietrich Bonhoeffer, 1944 in einem Brief an E. Bethge

und:

Wenn man aber einräumt, daß es unmöglich ist,
Gott in Vernunftbegriffen zu definieren, dann räumt man ein,
daß ein Satz unmöglich zugleich sinnvoll sein und von Gott handeln kann.
Gibt ein Mystiker zu, daß der Gegenstand seiner Vision etwas Unbeschreibliches ist,
dann muß er auch zugeben, daß er notwendigerweise Unsinn redet, wenn er ihn beschreibt.

Alfred Jules Ayer, 1910-1989, britischer Philosoph und Logiker, in »Language, Truth and Logic«

LG, Lory
Unsere Gedanken und Gefühle werden durch unsere Überzeugungen geformt.
Was du tief in dir und oft unbewusst denkst, das zeigt die größte Wirkung in deinem Leben.
Brauche nichts ... wünsche alles ... und wähle, was sich zeigt!
______
Namaste

Cemper

Re: Stephen Hawking: Kein Gott für das Universum nötig

#49 Beitrag von Cemper » 08.09.2010, 11:16

Loreley -

Sie verweisen mit den beiden Zitaten auf ein theologisches Problemzentrum. Ich würde gern auf beide Zitate etwas ausführlicher eingehen. Dazu reicht die Zeit aber nicht; es müsste ja versucht werden, das Bonhoeffer-Zitat im Zusammenhang der Entwicklung des theologischen Denkens dieses Mannes zu sehen - aber das geht „nicht mal so eben nebenbei“. Mit dem Ayer-Zitat - das ja nur eine uralte Einsicht transportiert - verhält es sich ähnlich. Eine analytisch-philosophische Argumentation wie im Ayer-Zitat führt dazu, dass ethische, metaphyische und theologische Aussagen wegen mangelnder Überprüfbarkeit letztlich als Aussagen ohne Sinn und Wert erscheinen. Das heißt aber nicht, dass solche Aussagen tatsächlich keinen Sinn und Wert haben. Nur - vieles ist eben im Sinne der Logik nicht beweisbar. Die daraus erwachsende Problematik der Frage nach den verborgenen tiefen Wahrheiten der Religion kann - wie das Denken Bonhoeffers - auch nicht schnell abgehandelt werden. Und im Übrigen ist dieses Forum dafür auch nicht der richtige Ort. Es bietet erstens nicht genug Raum. Zweitens macht man ja zunehmend die Erfahrung, dass von manchen unverständigen Lesern eine vernünftige abstrakte Argumentation abgelehnt und eine nicht so abstrakte Argumentation spöttisch kommentiert wird.

Aber es sei zumindest dies gesagt: Es gehört offenbar zu den Phänomenen menschlicher Existenz, dass nach dem Woher und Wohin gefragt wird und dass dann Götter oder ein Gott „ins Spiel“ kommen. Also reden Menschen von Gott. Theologen tun es in besonderer Weise; sie sollen es tun - wir erwarten es von ihnen. Aber es stellt sich eben die Frage: Wie können Menschen (auch Theologen, die ja auch nur Menschen sind) von Gott reden?

Mit dieser Frage haben sich Autoren alt- und neutestamentlicher Schriften und dann über Jahrhunderte viele Theologen befasst. Dabei ging es auch um eine Möglichkeit, die besonders im theologischen Denken Barths Bedeutung hat, nämlich um die Möglichkeit, dass Gott selbst spricht, wenn von ihm gesprochen wird - und dabei geht es um die Frage, ob der in der Heiligen Schrift bezeugte Jesus Christus das eine Wort Gottes ist. Theologisch haben wir es hier mit der so genannten Wort-Gottes-Theologie zu tun. Sie ist kein einheitliches Gebilde und steht in Kontrast zu anderen Theologien. Wir haben es auch mit der Frage zu tun, was eigentlich in der Heiligen Schrift steht. Befassen Sie sich einige Jahre damit. Sie müssen nur nachdenken, was alles vorgedacht wurde und versuchen, das zu verstehen. Die einschlägigen Namen kennen Sie ja. Beachten Sie bei allem bitte auch immer die Gegenpositionen. Ich wünsche Ihnen viel Spaß dabei. Wenn Ihnen der Spaß vergeht, können Sie ja Lyrik lesen und versuchen, die Lyrik zu verstehen.

Am Ende stehen Sie mit Ayer und Bonhoeffer und Schleiermacher und Barth und Tillich und Bultmann und ihren Schülern und allen großen und kleinen Geistern der Weltgeschichte - seien sie Naturwissenschaftler oder Vertreter anderer Wissenschaften oder Lyriker - da und sagen vielleicht mit Luther: Wir sind Bettler, das ist wahr.

Und nun glauben Sie oder lassen Sie es. Überlegen Sie sich aber in beiden Fallen, was Sie eigentlich tun.

Ihr Cemper

Maximin

Re: Stephen Hawking: Kein Gott für das Universum nötig

#50 Beitrag von Maximin » 08.09.2010, 11:41

:) Cemper, Sie lieben ja reale oder konstruierte Fallbeispiele. Hier mein Fallbeispiel: Sperren wir einen Gottleugner in eine große und gut sortierte christlich-theologische Bibliothek und überlasen wir ihn dort fest verschlossen seinem Schicksal. Den einsetzenden Hunger wird er eine gute Weile aushalten. Seinen Durst nur wenige Tage. Was glauben Sie, Cemper, wird dieser arme Kerl tun um zu überleben...?
Heitere Grüße vom Maximin :wink:
Zuletzt geändert von Maximin am 08.09.2010, 11:59, insgesamt 1-mal geändert.

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